Mandanten-Rundschreiben 06/2016 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

19.05. 2016



Allgemeines

Kauf bzw. Verkauf von GmbH-Anteilen und Bilanzgarantien
Das (rechtskräftige) Urteil eines Oberlandesgerichts macht die Chancen und Risiken von Bilanzgarantien für die Vertragsbeteiligten deutlich.

"In der beim Erwerb einer Mehrheit von Geschäftsanteilen an einer GmbH in dem Kaufvertrag aufgenommenen Zusicherung, dass der Jahresabschluss die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft zutreffend darstellt, ist eine sogenannte harte Bilanzga- rantie zu sehen, die kein begrenzendes subjektives Element enthält."

Es bleibt darauf hinzuweisen, dass sich vorstehende Formulierung in den handelsrechtlichen Vorschriften wiederfindet.

Die Bestimmungen in § 264 HGB lauten: "Der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft hat unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln." Trifft dies nicht zu, so sind im Anhang zusätzliche Angaben zu machen.

Nach Meinung des Gerichts ist eine "harte" Bilanzgarantie so zu verstehen, dass die Bilanz zum betreffenden Stichtag die tatsäch- lichen Verhältnisse objektiv vollständig und korrekt widerspiegelt.

Damit hat der Verkäufer auch für nicht bekannte Schulden und Eventualverbindlichkeiten bis zum Stichtag einzustehen, mögen diese auch nach subjektiven Kriterien unter Berücksichtigung der bilanzrechtlich erforderlichen Aufstellungssorgfalt nicht erkennbar gewesen sein und im Hinblick auf die Vermögenslage der Zielgesellschaft keine Verletzung der handelsrechtlichen  Bilanzierungsgrundlagen  darstellen.

"Harte" Bilanzgarantien beinhalten hiernach für den Verkäufer nicht überschaubare Risiken.
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 7.5.2015 – 26 U 35/12 (BB 2016 S. 721)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Abzinsung von Pensionsrückstellungen Gesetzliche Änderung

Die geplanten Gesetzesänderungen der handelsrechtlichen Vorgaben zu Pensionsrückstellungen (vgl. 4/2016) sind inzwischen unverändert verabschiedet und im Bundesgesetzblatt verkündet worden.

Zur Ausschüttungssperre ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass diese bei Vorhandensein eines Gewinnabführungsvertrages zu einer Abführungssperre wird.

Nach derzeitigem Informationsstand sollen die Bestimmungen des § 301 AktG (Höchstbetrag der Gewinnabführung) in Verbindung mit § 268 Abs. 8 HGB entsprechende Anwendung finden.
Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Än- derung handelsrechtlicher Vorschriften
(BGBl 2016 Teil I S. 396; Art. 7 Änderung des HGB S.408)


Verluste aus nebenberuflicher Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer etc.

Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass ein Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug nur dann zulässig ist, wenn sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben den Freibetrag von derzeit 2.400 € übersteigen.

Ein Finanzgericht hat dieser Auffassung in einem Urteil widersprochen, gegen das Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt worden ist.

"Verluste aus einer Tätigkeit als Übungsleiter können berücksichtigt werden, auch wenn die Einnahmen unterhalb des  Pauschbetrags gem. § 3 Nr. 26 EStG bleiben. Das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG steht der Abzugsfähigkeit nicht entgegen."

Zur alten gesetzlichen Regelung hatte der Bundesfinanzhof sogar entschieden, dass Ausgaben auch dann geltend gemacht werden können, wenn gar keine Einnahmen erzielt werden, weil es zur Ausübung der Tätigkeit gar nicht mehr kommt.
FG Thüringen, Urteil vom 30.9.2015 – 3 K 480/14 – Revision eingelegt – Az BFH III R 23/15 (EFG 2015 S. 2163)

Gewinnneutrale Realteilung (auch) bei Fortführung der Personengesellschaft
Eine (gesetzlich nicht definierte) Realteilung liegt u.a. dann vor, wenn ein Gesellschafter einer zwei- oder mehrgliedrigen Personengesellschaft bei Auflösung und Beendigung der Personengesellschaft selbst einen Teil des Gesamtvermögens übernimmt.

Der BFH verstand den Begriff der Realteilung als eine Form der Auseinandersetzung einer aufgelösten Mitunternehmerschaft, die steuerrechtlich neutral (Buchwertfortführung) erfolgen konnte, wenn die von den Beteiligten übernommenen Wirtschaftsgüter weiterhin  Betriebsvermögen bleiben.

Nach Verwaltungsauffassung war deshalb bisher eine gewinnneutrale Realteilung nicht möglich, wenn z.B. ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet und die Mitunternehmerschaft von den verbleibenden Mitunternehmern fortgesetzt wird  (vgl. BdF-Schreiben vom 8.12.2011 unter IV.2. – BStBl 2011 TeiI S. 1279).

Der BFH hält an der bisherigen Auffassung nicht mehr fest:
"Eine Realteilung kann auch dann vorliegen, wenn ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet und die Mitunternehmerschaft von den verbleibenden Mitunternehmern fortgesetzt wird. Die Teilbetriebsübertragung ist grundsätzlich auch insoweit gewinnneutral, als dem übernommenen Teilbetrieb vor dem Ausscheiden des Gesellschafters erhebliche liquide Mittel zugeordnet wurden."

Diese Rechtsprechung stellt eine Erleichterung für die Umstrukturierung von Personengesellschaften dar, wenn sich die Personenhandelsgesellschafter oder die Mitglieder einer freiberuflichen Gesellschaft trennen und ihre Tätigkeit allein oder in einer anderen Gesellschaft fortsetzen wollen.

Daneben ergeben sich aus dem umfangreichen Urteil u.a. weitere Aussagen zur Frage eines Veräußerungsgewinns und zur Frage eines erforderlichen Übergangs von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung  zur Bilanzierung.
BFH-Urteil vom 17.9.2015 – III R 49/13 (BB 2016 S. 750)

Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar?
Die Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung bleibt (weiterhin) umstritten.

Nach der aktuellen Gesetzeslage ist die steuerliche Berücksichtigung von Prozesskosten grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. 8/2014).

Das Finanzgericht Köln hat jedoch nach einer Pressemitteilung die Kosten eines Scheidungsverfahrens auch nach der aktuellen Gesetzeslage als außergewöhnliche Belastung  anerkannt.

Das Gericht begründet diese Entscheidung damit, dass Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren eines Scheidungsverfahrens nicht unter den Begriff der Prozesskosten fallen.

Das Gericht hat gegen sein Urteil die Revision zum BFH zuge- lassen.

Anmerkung:
Da noch ein weiteres Verfahren beim BFH anhängig ist (FG Rheinland-Pfalz vom 16.10.214 - Az. BFH: VI-R-66/14), kann in absehbarer Zeit mit einer höchstrichterlichen Entscheidung gerechnet werden.
FG Köln, Urteil vom 13.1.2016 14-K-1861/15 (Pressemitteilung FG Köln vom 15.3.2016)

Verlustabzugsbeschränkung bei unentgeltlicher Anteilsübertragung

Nach den gesetzlichen Vorgaben des § 8c KStG greifen bei einem schädlichen Beteiligungserwerb, z.B. eines GmbH-Anteils, Verlustabzugsbeschränkungen. Bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste gehen teilweise bzw. vollständig verloren.

Ein solcher schädlicher Beteiligungserwerb liegt u.a. dann vor, wenn innerhalb von 5 Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25% bzw. mehr als 50% des gezeichneten Kapitals an einen Erwerber übertragen werden.

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung in einem BMF-Schreiben wird von dieser Vorschrift nicht erfasst der (vollständig unentgeltliche) Erwerb einer natürlichen Person durch Erbfall einschließlich der unentgeltlichen Erbauseinandersetzung und der unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge.

Ein Finanzgericht hat zu Ungunsten des Steuerpflichtigen dieser  Verwaltungsauffassung widersprochen.

Danach kann der Verlustvortrag nach § 8c KStG auch bei unentgeltlicher Anteilsübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vernichtet werden (gegen das o.g. BMF-Schreiben vom 4.7.2008, BStBl 2008 Teil I S. 736, Tz 4). Das Finanzgericht hat auch einen Billigkeitsantrag abgelehnt.

Hinweise:
- Beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist ein Verfahren anhängig , ob § 8c KStG bei Anteilsübertragungen von mehr als 25% verfassungswidrig ist (Az. BVerfG: 2 BvL 6/11).
- Beim BFH ist ein Verfahren anhängig zu einem Anteilserwerb von mehr als 50% (Az. BFH: I R 31/11).
FG-Münster, Urteil vom 4.11.2015 – 9 K 3478/13 F;
Revision anhängig: Az. BFH: I R 6/16 (kösdi 2016 S. 19753)

Umsatzsteuer
Überlassung von Inventar bei Vermietung als steuerfreie Nebenleistung?

Nach § 4 Nr. 12a UStG ist die Vermietung von Räumen und Gebäuden von der Umsatzsteuer befreit. Nach Ansicht der Finanzverwaltung (Abschnitt 4.12.1. Abs.6 UStAE) erstreckt sich die Steuerbefreiung in der Regel nicht auf mitvermietete Einrichtungsgegenstände, z.B. auf das Büromobiliar.

Der Bundesfinanzhof vertritt in einem Urteil eine andere Auffassung.

"Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12a UStG umfasst die Vermietung möblierter Räume oder Gebäude, wenn es sich um eine auf Dauer angelegte und nicht um eine kurzfristige Überlassung handelt (entgegen Abschn. 4.12.1. Abs. 6 UStAE)."

Im Streitfall wurde die Vermietung eines Seniorenwohnparks (Senioren-Wohn- und Pflegeheim) mit der gesamten Ausstattung in einem einheitlichen Pachtvertrag als steuerfreie Vermietung anerkannt.

Anmerkungen:
- Sollte diese Rechtsprechung wegen des ggf. damit verbundenen Wegfalls des Vorsteuerabzugs aus der Möbelanschaffung nachteilig sein, könnte diesem Nachteil wohl durch völlig getrennte Mietverträge für die Räumlichkeiten einerseits und die Möblierung andererseits begegnet werden.

- Die Reaktion der Finanzverwaltung auf dieses Urteil ist abzuwarten.
BFH-Urteil vom 11.11.2015 – V R 37/14 (DStR 2016 S. 403)

Lohnsteuer
Entlassungsentschädigungen und Tarifvergünstigung

Die Tarifvergünstigungen des § 34 EStG für außerordentliche Einkünfte werden z.B. bei einer Entlassungsentschädigung grundsätzlich nur bei einer Zusammenballung der Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum  gewährt.

Geringfügige Zahlungen in einem anderen Veranlagungszeitraum standen dieser Tarifvergünstigung schon bisher nicht entgegen.

Diese Geringfügigkeitsgrenze wurde von der Finanzverwaltung nunmehr konkretisiert:
"Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, eine geringfügige Zahlung anzunehmen, wenn diese nicht mehr als 10% der Hauptleistung beträgt.

Darüber hinaus kann eine Zahlung unter Berücksichtigung der konkreten individuellen Belastung als geringfügig anzusehen sein, wenn sie niedriger ist als die tarifliche Steuerbegünstigung der Hauptleistung."
BMF-Schreiben vom 4.3.2016 – IV C 4 – S 2290/07/10007 (DStR 2016 S. 610)



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