Mandanten-Rundschreiben 06/2017 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

07.06. 2017



Allgemeines
Verschärfung der Steuerberaterhaftung bei  Insolvenzverschleppungsschäden


Der Bundesgerichtshof verschärft in einem umfangreichen Urteil die Haftung des Steuerberaters für Insolvenzverschleppungsschäden.

Im Einzelnen sei nachstehend nur auf einige Passagen aus der Begründung  hingewiesen.

Zur Haftung führende Mängel weist ein Jahresabschluss auf,
> wenn er die tatsächlich bestehende rechnerische Überschuldung nicht erkennen lässt,
oder aber,

> wenn der Jahresabschluss angesichts einer bestehenden Insolvenzreife der Gesellschaft objektiv zu Unrecht unter Zugrundelegung von Fortführungswerten aufgestellt wird.

Der mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragte Steuerberater schuldet einen den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechenden "richtigen" Jahresabschluss.

Eine Bilanzierung zu Fortführungswerten aber scheidet nach § 252 Abs. 1 Ziffer 2 HGB aus, wenn der Fortführung der Unternehmenstätigkeit tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen.

In diesen Fällen steht die Zerschlagung des Unternehmens im Vordergrund und ist daher für die Bewertung maßgebend.

Abweichend erteilte Anweisungen des Mandanten müssen in jedem Fall nach außen kundgetan werden, ihnen wird daher in der Praxis wegen dieser Bekanntgabe wohl kaum Bedeutung zukommen.

Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater hat gegenüber der Mandantin  eine Hinweispflicht auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht ihres Geschäftsführers, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.1.2017 – IX ZR 285/14 (GmbHR 2017 S. 348)

Transparenzvorschriften für  grenzüberschreitende Steuervorbescheide


Seit dem 1.1.2017 sind die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, über alle neu erteilten, grenzüberschreitenden Steuervorbescheide für Unternehmen automatisch Informationen auszutauschen.

Der Austausch erfolgt über ein Zentralverzeichnis, das für alle Mitgliedsstaaten zugänglich ist.

Ein Vorbescheid ist eine schriftliche Erklärung der Steuerbehörde, die im Vorhinein festlegt, wie die Unternehmenssteuer zu berechnen ist und welche Steuervorschriften Anwendung finden.

Die Kommission hat das Recht, solche Vorbescheide zu überprüfen, z.B., wenn staatliche Beihilfen im Spiel sind.

Alle sechs Monate werden die nationalen Steuerbehörden einen Bericht über alle von ihnen erteilten Steuervorbescheide dem Zentralverzeichnis zur Verfügung stellen.

Bis zum 1.1.2018 müssen die Mitgliedsstaaten die entsprechenden Angaben auch für alle Steuervorbescheide, die ab 2012 erteilt worden sind, zur Verfügung stellen.
Pressemitteilung der EU-Kommission vom 3.1.2017 (NWB Eilnachrichten 2017 S. 171)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Betriebsaufspaltung – personelle Verflechtung Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Besitzgesellschaft

"Sind die Mehrheitsgesellschafter einer Besitz-GbR nicht vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit und ist es ihnen damit rechtlich nicht möglich das besonders bedeutsame Vermietungsverhältnis mit der Betriebs-GmbH ohne Zustimmung des Minderheitsgesellschafters zu beherrschen, ist die zur Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung nicht gegeben."

Eine solche Verflechtung liegt vor, wenn eine Person oder Personengruppe sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen ihren Willen durchzusetzen. Der Beherrschungswille muss sich insbesondere auf das Nutzungsverhältnis hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlage beziehen.

Keine personelle Verflechtung mit dem Betriebsunternehmen liegt vor, wenn an der Besitzgesellschaft neben der mehrheitlich bei der Betriebsgesellschaft beteiligten Personengruppe mindestens ein weiterer Gesellschafter beteiligt ist und im Besitzunternehmen  das  Einstimmigkeitsprinzip gilt.

Im Streitfall waren an der Vermietungsgesellschaft A, B, und C mit jeweils 33% sowie D mit 1%, an der Betriebs-GmbH A, B und C mit jeweils 1/3 beteiligt. Die 1%-ige Beteiligung des D an der Besitzgesellschaft – zur Vermeidung der Betriebsaufspaltung – sah das Gericht nicht als Gestaltungsmissbrauch.

Wegen dieser Frage und wegen der Frage einer gegebenenfalls konkludent (stillschweigend) erklärten Befreiung von § 181 BGB wurde die Revision zugelassen.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 7.12.2016 – 9 K 2034/14 – Revision eingelegt; Az. BFH: IV R 4/17 (NWB Eilnachrichten 2017 S. 841)

Außergewöhnliche Belastungen
Stufenweise Ermittlung der zumutbaren Eigenbelastung


In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof (abweichend von der bisherigen, durch Rechtsprechung gebilligten Verwaltungsauffassung) entschieden, dass Steuerpflichtige z.B. Krankheitskosten gegenüber der bisherigen Praxis mit einem höheren Anteil steuerlich als außergewöhnliche Belastung geltend machen können.

Die zumutbare Eigenbelastung wird nunmehr stufenweise ermittelt und fällt damit geringer aus als bisher. Die Regelung ist so zu verstehen, dass nur der Teil  des Gesamtbetrags  der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz berücksichtigt wird.

Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Ehepaar mit einem oder zwei Kindern; Gesamtbetrag der Einkünfte 80.000 €.

Die zumutbare   Eigenbelastung   beträgt   bisher   4%, d.h. 3.200 €.

Bei der stufenweisen Ermittlung ergibt sich hingegen folgende Berechnung:
Gesamtbetrag der Einkünfte
> bis 15.340 € 2% von 15.340 €    307 €
> bis 51.130 € 3% von 35.790 €    1.074 €
> bis 80.000 € 4% von 28.870 €    1.155 €
zumutbare Eigenbelastung „neu“      2.536 €

Anmerkung:
Vorläufige Einkommensteuerbescheide hinsichtlich der zumutbaren Eigenbelastung bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit oder Pflege müssen von Amts wegen korrigiert werden.
BFH-Urteil vom 19.1.2017 – VI R 75/14 (Pressemitteilung BFH Nr. 19/2017 vom 29.3.2017)

Besteuerung von Kapitaleinkünften
Abgeltungssteuer

Es steht immer wieder zur Diskussion, ob die pauschale Abgeltungssteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach Aufhebung des steuerlichen Bankgeheimnisses noch gerechtfertigt ist.

Die Abgeltungssteuer z.B. auf Zinsen und Dividenden beträgt derzeit 25%, andere Einkünfte werden dagegen mit bis zu 45% besteuert.


Ein Vorstoß des Landes Brandenburg zur Abschaffung der Abgeltungssteuer hat die erste Hürde genommen.


Der Finanzausschuss des Bundesrates stimmte dem Vorschlag mit der Mehrheit von 11 Ländern zu.

Anmerkung:
Die weitere Entwicklung der Diskussion bleibt abzuwarten. Teil- weise wird auch eine Erhöhung des Abgeltungssteuersatzes in die Debatte eingebracht.
Pressemitteilung des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg vom 23.2.2017 (kösdi 2017 S. 20194)

Private Veräußerungsverluste bei Grundstücksveräußerung
Verlustberücksichtigung  bei Ratenzahlung


Unter die steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäfte fallen u.a. grundsätzlich Grundstücke, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.

Bei Veräußerungen auf Raten, bei denen ein Veräußerungs- verlust entsteht, ist nachfolgendes Urteil zu beachten:
"Bei zeitlich gestreckter Zahlung des Veräußerungserlöses in verschiedenen Veranlagungszeiträumen fällt der Veräußerungsverlust anteilig nach dem Verhältnis der Teilzahlungsbeträge zu dem Gesamtveräußerungserlös in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen der Zahlungszuflüsse an."

Damit teilt das Gericht weder die Auffassung, dass der Gesamtverlust bereits im Veräußerungsjahr entstanden ist, noch die, dass er erst nach Zahlung aller Raten eintritt. Der Veräußerungsverlust ist alljährlich anteilig steuerlich geltend zu machen.

Anmerkung:
Bei Veräußerungsgewinnen dagegen ist bisher herrschende Meinung, dass diese (erst) dann zu besteuern sind, sobald die Summe der Raten die Anschaffungskosten überschreitet.
BFH-Urteil vom 6.12.2016 – IX R 18/16 – (DStR 2017 S. 653)

Erbschaftsteuer – Schenkungsteuer
"Übliche Miete"

Im Rahmen einer Bedarfsbewertung

Bei Grundstücksbewertungen (Bedarfsbewertung) für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer, die nach dem sog. Ertragswertverfahren bewertet werden, sind grundsätzlich die tatsächlich vereinbarten Mieten anzusetzen.

In bestimmen Fällen (z.B. bei eigengenutzten, leerstehenden oder unentgeltlich überlassenen Grundstücken) ist die "übliche Miete" bei der Berechnung des Rohertrags anzusetzen. Die "übliche Miete" kommt auch dann zum Ansatz, wenn der Eigentümer eines Grundstücks dem Mieter das vermietete Objekt zu einer um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat.

Zur Schätzung der üblichen Miete werden u.a. – soweit vorhanden – die von den Städten und Gemeinden veröffentlichten Mietspiegel herangezogen. Diese weisen jedoch eine Mietspanne aus, in der sich der Mietpreis bewegt. Es ist umstritten, von welchem Mietspiegelwert (oberer oder unterer Spannenwert oder Mittelwert) als "übliche Miete" auszugehen ist.

Nach dem Urteil eines Finanzgerichts soll folgendes zweistufiges Verfahren gelten:
"Bei der Bedarfsbewertung eines Mietwohngrundstücks für Zwecke der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer im Ertragswertverfahren ist zur Beantwortung der Frage, ob die vereinbarte Miete um mehr als 20% von der üblichen Miete abweicht, im Fall der Heranziehung von Mietspiegeln auf die unteren bzw. oberen Spannenwerte des Mietspiegels, nicht auf den Mittelwert der Mietspiegelmiete, abzustellen."

"Liegt die vereinbarte Miete um mehr als 20% über dem oberen Spannenwert oder mehr als 20% unter dem unteren Spannenwert des Mietspiegels, so ist statt der vereinbarten Miete der Mittelwert der Mietspiegelmiete bei der Ermittlung des Rohertrags des Grundstücks anzusetzen."

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen, da der BFH Gelegenheit erhalten soll, sich zur Auslegung des Begriffs "übliche Miete" zu äußern.
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2016 – 3 K 3002/15 – Revision eingelegt; Az. des BFH: II R 41/16 (EFG 2017 S. 277)



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