Mandanten-Rundschreiben 09/2022 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

15.08. 2022



Allgemeines
Gesetzesänderungen Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz)

Der Bundesrat hat am 10. Juni 2022 dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz zugestimmt.

Nachfolgend stichwortartig einige wesentliche Regelungen:
1. Steuerfreier Pflegebonus (§ 11 Nr. 3b EStG nF.) In bestimmten Pflegeeinrichtungen wird eine Steuerbefreiung eingeführt für in diesen Einrichtungen tätige Personen, sofern diese in Anerkennung ihrer besonderen Leistungen während der Corona-Krise einen Bonus erhalten.

Der Bonus muss in der Zeit vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022 zusätzlich zum Arbeitslohn gezahlt werden.

Der Arbeitnehmer muss in bestimmten Einrichtungen oder Diensten tätig sein, z.B.
– Krankenhäuser,
– ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensiv-Pflege erbringen,
– Vorsorge-oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt,
– Dialyseeinrichtungen,
– Arzt-und Zahnarztpraxen oder
– Rettungsdienste. Der Bonus bleibt steuerfrei bis zu einem Betrag von 4.500 EUR.

2. Steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld (§ 3 Nr. 28a EStG)
Die Steuerbefreiung des Zuschusses zum Kurzarbeitergeld wird nochmals um sechs Monate verlängert.

Die Steuerfreiheit gilt damit für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 1.7.2022 enden.
 
3. Abschaffung der bilanzsteuerlichen Abzinsung von Verbindlichkeiten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG)
Nach der bisherigen Regelung sind unverzinsliche Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mindestens 12 Monaten bilanzsteuerlich mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen.

Dieses Abzinsungsgebot wird auf Grund der aktuellen Niedrigzinsphase abgeschafft. Die Regelung gilt erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2022 enden.

Auf formlosen Antrag auch für frühere Wirtschaftsjahre anzuwenden, soweit der Bescheid noch nicht bestandskräftig ist.

4. Degressive Abschreibung (§ 7 Abs. 2 Satz 1 EStG)
Die Wiedereinführung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die zunächst auf 2020 und 2021 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter begrenzt war, wird um ein Jahr verlängert für Wirtschaftsgüter, die in 2022 angeschafft oder hergestellt werden.

Die degressive Abschreibung kann anstelle der linearen Abschreibung in Höhe von bis zu dem Zweieinhalbfachen der linearen Abschreibung in Anspruch genommen werden, höchstens mit 25%.
 
5. Home-Office-Pauschale (§ 52 Abs. 6 Satz 15 EStG)
Die bislang bis 31.12.2021 befristete Home-Office-Pauschale wird um ein Jahr verlängert bis zum 31.12.2022.

Der Steuerpflichtige kann für jeden Kalendertag, an dem er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt, einen Betrag von 5 € abziehen, höchstens 600 € im Wirtschafts- oder Kalenderjahr.
 
6. Erweiterte Verlustverrechnung (§ 10d Abs. 1 EStG)
Die erweiterte Verlustverrechnung wird bis Ende 2023 verlängert.

Für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Mio. EUR bzw. auf 20 Mio. EUR bei Zusammenveranlagung angehoben.

Erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 wird damit der alte Rechtsstand mit 1 Mio. EUR bzw. 2 Mio. EUR für zusammenveranlagte Ehegatten wieder gültig. Der Verlustrücktrag wird ab dem Verlustentstehungsjahr 2022 von einem auf zwei Jahre erweitert.

Der Verlustrücktrag erfolgt in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum und ggf. darüber hinaus in den zweiten, dem Verlustentstehungsjahr vorangegangenen Veranlagungszeitraum.
 
Auf die Anwendung des Verlustrücktrags kann ab dem Verlustentstehungsjahr 2022 nicht mehr auf Antrag teilweise verzichtet werden. Der Steuerpflichtige kann sich nur noch gegen den Verlustrücktrag insgesamt zugunsten des Verlustvortrags entscheiden.
Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19.6.2022 (BGBl Teil I 2022 vom 22.6.2022 S. 911)

Aufbewahrung von Unterlagen Ordnungsvorschriften

Die steuerrechtlichen Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen ergeben sich aus § 147 AO. Danach gelten grundsätzlich folgende Aufbewahrungsfristen:
a) 10Jahre
– BücherundAufzeichnungen,
– Buchungsbelege,
– Inventar,
– Jahresabschlüsse/auch Einnahmen-Überschuss-Rechnungen,
– Lageberichte,
– die Eröffnungsbilanz sowie
– die zum Verständnis der Unterlagen erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen.

b) 6 Jahre
- empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe,
- Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
- sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Be- deutung sind.

c) Beginn
Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt sind oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnungen vorgenommen worden oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.

Die Aufbewahrungsfrist für die unter a) genannten Unterlagen beginnt damit im "Normalfall" erst am Ende des Folgejahres, d.h. z.B. für einen Jahresabschluss 2010 Ende 2011, so dass die Aufbewahrungsfrist Ende 2021 abgelaufen ist.

Es empfiehlt sich daher in der Praxis in aller Regel, die unter
a) aufgeführten Unterlagen ab dem Kalenderjahr 2011 und die unter b) genannten Unterlagen ab dem Kalenderjahr 2016 weiterhin aufzubewahren.

d) Besonderheiten
In besonderen Fällen müssen auch Unterlagen früherer Jahre aufbewahrt werden. Besondere Fälle liegen z.B. dann vor, wenn
- eine Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist,
- eine Außenprüfung begonnen hat,
- steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen anhängig sind,
- ein schwebendes Rechtsbehelfsverfahren läuft oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwarten ist,
- eine vorläufige Steuerfestsetzung erfolgt ist.

e) Form
Die Eröffnungsbilanz und die Jahresabschlüsse müssen im Original aufbewahrt werden. Alle anderen Unterlagen können auf Bild- oder anderen Datenträgern aufbewahrt werden.

Dabei muss sichergestellt sein, dass bei der Wiedergabe die Unterlagen bildlich (Briefe und Buchungsbelege) bzw. inhaltlich (andere Unterlagen) mit den Originalen übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden.

Die Wiedergabe oder die Daten müssen während der Dauer der Aufbewahrungspflicht jederzeit verfügbar sein, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.

f) Bestimmte Steuerpflichtige (§  147a AO)
Steuerpflichtige bei denen die Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstigen Einkünften mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr beträgt, haben die Aufzeichnungen und Unterlagen über die diesen Einkünften zu Grunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten sechs Jahre aufzubewahren.

g) Ergänzender Hinweis
Rechnungen (z.B. Kassenzettel) werden häufig auf Thermopapier ausgedruckt. Hier besteht die Gefahr, dass der Text innerhalb kurzer Zeit verblasst.

Um die Lesbarkeit auch noch innerhalb der Aufbewahrungsfristen zu gewährleisten, sollten diese Belege zusätzlich kopiert oder gescannt werden.

Höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen ab 1. Juli 2022
Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen wird jeweils zum 1. Juli eines Jahres angepasst.

Erhöht werden die geschützten Beträge, die bei einer Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte nicht gepfändet werden dürfen.

Dieser Pfändungsschutz stellt sicher, dass Schuldner auch bei einer Pfändung ihres Arbeitseinkommens ihr Existenzminimum sichern und die gesetzlichen Unterhaltspflichten erfüllen können.

Ab dem 1.7.2022 gelten neue Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO, für einen monatlichen Lohnzahlungszeitraum z.B.

Grundbetrag    1.330,16 € (bisher 1.252,64 €)
Freibeträge für unterhaltsberechtigte Personen
> erste Person 500,62 € (bisher 471,44 €)
> zweite bis fünfte Person jeweils 278,90 € (bisher 262,65 €)

Hinaweise:
Bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens ist zu beachten, dass Teile des Einkommens unpfändbar (§ 850a ZPO) sind, so z.B. die Hälfte des für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Lohns.

Wenn Schuldner mehr verdienen als den so ermittelten pfändungsfreien Betrag, verbleibt ihnen vom Mehrbetrag ebenfalls ein bestimmter Anteil.
Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2022 vom 25.05.2022
(BGBl 2022 I vom 31.5.2022 S.825)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Fälligkeitserfordernis bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben

"Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen (§ 11 Abs. 1 Satz 1+ 2 EStG)."

"Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet werden. Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG entsprechend (§ 11 Abs. 2 Satz 2 EStG)."

Als kurze Zeit gilt nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen vor Beginn oder nach Ende des Jahres.

Nach einem FG-Urteil aus dem Jahr 2020 war die Anwendung dieser Regelungen bei Umsatzsteuervorauszahlungen über den Jahreswechsel bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmen-Überschuss-Rechnung)  dahingehend  umstritten, ob auch die Fälligkeit eine Rolle spielt.

Dies hat der BFH jetzt wie folgt entschieden:
"Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben setzen voraus, dass sie kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörig- keit nicht nur gezahlt, sondern auch fällig geworden sind."
BFH-Urteil vom 16.02.2022 – X R 2/21 (DStR 2022, S. 1101)

Hinweis auf anhängige Revisionsverfahren – BFH VIII R 1/20, BFH VIII R 25/20:
Beim BFH noch anhängig ist die Frage, ob die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Dezember bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung auch dann im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ist, wenn sie zwar innerhalb von 10 Tagen nach dem Jahreswechsel geleistet wurde, aber aufgrund einer dem Unternehmer gewährten Dauerfristverlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen erst später fällig war.



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