Mandanten-Rundschreiben 10/2017 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

23.09. 2017




Allgemeines
Abgrenzungabhängige  Beschäftigung/selbstständige  Tätigkeit

Die – u.a. für die Sozialversicherungspflicht – wichtige Frage der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und einer selbstständigen Tätigkeit gibt immer wieder Anlass zu Rechtsstreitigkeiten  mit  dem Rentenversicherungsträger.

Nach ständiger Rechtsprechung sind Anhaltspunkte für eine abhängige  Beschäftigung
- Eingliederung in den Betrieb (Arbeitsorganisation) und
- Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit.

Kennzeichen einer selbstständigen Tätigkeit sind vornehmlich
- eigenes Unternehmerrisiko,
- Vorhandensein einer eigenen  Betriebsstätte,
- Verfügungsmacht über die eigene Arbeitskraft und
- im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit.

Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild prägen.

Diese Kriterien wurden auch in einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts  (BSG) herangezogen.

Darüber hinaus hat das Gericht in der Urteilsbegründung ausgeführt, dass ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit vorliege, wenn das vereinbarte Honorar deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt. Allerdings handelt es sich auch bei der Honorarhöhe nur um eines von unter Umständen vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien.
Anmerkung:
Um zur Vermeidung ggf. hoher Beitragsnachforderungen rechtsverbindliche Sicherheit zu erhalten, ist das Statusfest- stellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung Bund zu empfehlen.
BSG – Urteil vom 31.3.2017 – B-12–R–7/15-R
(Pressemitteilung BSG vom 31.3.2017)

 

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer

Scheidungskosten keine außergewöhnliche Belastung
Die Berücksichtigung von Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung war nach einer Gesetzesänderung im Jahr 2013 umstritten (vgl. 6/2016, 8/2014). Bis zu dieser Gesetzesänderung wurden die Kosten einer Ehescheidung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.

Nach der aktuellen Entscheidung des BFH sind Scheidungs- kosten nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.

"Scheidungskosten sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse."
BFH-Urteil vom 18.5.2017 – VI R 9/16
(BFH-Pressemitteilung Nr. 53/2017 vom 16.8.2017)

Abgeltungsteuersatz für Kapitaleinkünfte bei mittelbarer Beteiligung
Darlehenszinsen unterliegen als Kapitaleinkünfte nach § 32d EStG grundsätzlich einem gesonderten Steuertarif (Abgeltungsteuer).

Dies gilt aber u.a. nicht für (Darlehens-) Zinsen, die ein Steuerpflichtiger von einer Kapitalgesellschaft (GmbH) erhält, an der er selbst zu mindestens 10% beteiligt ist.

Hierzu hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass diese 10%- Grenze nicht für eine nur mittelbare Beteiligung an der darlehensnehmenden  Kapitalgesellschaft gilt.

Im Streitfall gewährte die Klägerin Darlehen an eine GmbH, deren Anteile zu 94% von einer weiteren GmbH gehalten wurden, an welcher die Klägerin mit weniger als 50% beteiligt war.

Der Klägerin wurde im Streitfall der Abgeltungsteuersatz für die Darlehenszinsen zugebilligt.

Das Gericht wies aber darauf hin, dass die Darlehensgläubigerin eine der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft nahestehende Person sein kann, wenn sie bei dieser über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt. Im strittigen Fall war dies nicht gegeben, der Abgeltungsteuersatz konnte daher Anwendung finden.
BFH-Urteil vom 20.10.2016 – VIII R 27/15 (koesdi 2017 S. 20272)

Ausgestaltung der Entfernungspauschale verfassungsgemäß?
In einem Streitfall hat sich ein Kläger gegen den Umstand gewandt, dass Arbeitnehmer Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nur in Höhe einer Entfernungspauschale (z.Zt. 0,30 €/km) geltend machen können, mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisende Steuerpflichtige dagegen die tatsächlich entstandenen Kosten absetzen dürfen.

Nach einem Beschluss des Bundesfinanzhofs bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, "dass durch die Entfernungspauschale sämtliche gewöhnlichen wie außergewöhnlichen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte abgegolten werden."

Gegen diesen Beschluss wurde Verfassungsbeschwerde einlegt. Damit erhält das Bundesverfassungsgericht Gelegenheit zur Verfassungsmäßigkeit der Entfernungspauschale zu entscheiden.
BFH-Beschluss vom 15.11.2016 – VI R 4/15 – Az. BVerfG 2 BvR 308/17 (NWB Eilnachrichten 2017 S. 2411)

Vermietung eines häuslichen Arbeitszimmers an den Auftraggeber eines Gewerbetreibenden
Mit dem immer wiederkehrenden Thema „häusliches Arbeits- zimmer“ befasst sich ein höchstrichterliches Urteil.

"1. Einkünfte aus Vermietung eines häuslichen Arbeitszimmers an den Auftraggeber eines Gewerbetreibenden sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn die Vermietung ohne den Gewerbebetrieb nicht denkbar wäre.

2. Ein steuerlich berücksichtigungsfähiges Arbeitszimmer unterscheidet sich von einer nicht berücksichtigungsfähigen Arbeitsecke durch eine feste bauliche Abgrenzung gegen die privat genutzten Teile der Wohnung."

Im Streitfall wurde für die gewerbliche Tätigkeit (Schreib- und Abrechnungstätigkeit) ein Raum in einem Einfamilienhaus an den Auftraggeber vermietet. Dieses "Modell" hat das Gericht abgelehnt.

Die Vermietung des genutzten Raumes für die gewerbliche Tätigkeit sei Bestandteil der gewerblichen Tätigkeit und so mit dieser verbunden, dass ein eigenständiges Mietverhältnis nicht angenommen werden könne. Die Erträge seien daher Teil der Einkünfte aus gewerblicher  Tätigkeit.

Die Aufwendungen für diesen Raum seien aber auch keine Betriebsausgaben. Da kein abgeschlossener Raum vorläge, werde eine klare Trennung der Aufwendungen für die gewerbliche Nutzung nicht ermöglicht. Damit komme auch ein teilweiser Abzug als Betriebsausgabe nicht in Betracht.
BFH-Urteil vom 13.12.2016 – X R 18/12 (DStRK 2017 S. 158)

Bewirtungsaufwendungen eines Gastwirts
"Aufwendungen eines Betreibers einer Raststätte für die kostenlose Verpflegung von Busfahrern, um diese mit ihren Reisebussen in seine Raststätten zu locken, sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nur beschränkt als Betriebsausgabe abziehbar."


Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass sind nur in Höhe von 70% (der angemessenen Aufwendungen)  als  Betriebsausgaben abzugsfähig.


Von dieser Abzugsbeschränkung nicht betroffen sind Aufwendungen, die Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung sind (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG).
Die kostenlosen Bewirtungen der Busfahrer im strittigen Fall gehören nach Ansicht des Gerichts nicht unter vorstehende Ausnahmeregelung.


Mit der kostenlosen Bewirtung des Busfahrers allein, konnte und wollte der Raststättenbetreiber keinen unmittelbaren Gewinn erzielen.


Das Gericht hat daher die nachgewiesenen Kosten nur anteilig als Betriebsausgaben berücksichtigt, die Revision aber wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24.4.2017 – 2 K 11255/15 – Rev. eingelegt – Az. BFH X R 24/17 (EFG 2017 S. 1157)

Gewerbesteuer
Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen

Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb werden bei der Gewerbesteuer u.a. nach § 8 Nr. 1e GewStG hinzugerechnet 50% der Miet- und Pachtzinsen (incl. Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen. Die Vorschrift war Anlass mehrerer Streitfälle.

In zwei Fällen wurde diese Vorschrift durch das Gericht weit ausgelegt.

So wurde für den Fall einer reinen Zwischenvermietung entschieden, dass die Hinzurechnung verausgabter Miet- und Pachtzinsen auch in Zwischenvermietungsfällen stattfindet. Die "Durchleitung" der Immobilien steht der Hinzurechnung nicht entgegen. Hierdurch entsteht eine Mehrfachbelastung, da die Mieten beim Vermieter im Gewerbeertrag erfasst sind und beim Mieter dem Gewerbeertrag teilweise wieder hinzugerechnet werden.

Auch Im Fall eines Konzertveranstalters, der für die Ausrichtung der Veranstaltungen verschiedene Immobilien – zumeist für einen Tag – mit einer gewissen Regelmäßigkeit angemietet hat, wurde die Hinzurechnung bejaht. Die Kurzfristigkeit der Anmietung oder ein häufiger Wechsel angemieteter Immobilien und deren unterschiedliche Größe und Nutzbarkeit steht der Annahme fiktiven Anlagevermögens beim Mieter nicht entgegen.

Lediglich im Sonderfall einer sog. Durchführungsgesellschaft (Entgelt für die Überlassung von Ausstellungsflächen in Messehallen – vgl. 3/2016) wurde eine Hinzurechnung abgelehnt. Die Geschäftstätigkeit einer solchen Gesellschaft schließt die Annahme von (fiktionalem) Anlagevermögen an den angemieteten Messehallen aus.
BFH-Urteil vom 8.12.2016 – IV R 55/10 (DStR 2017 S.1109) BFH-Urteil vom 8.12.2016 – IV R 24/11 (DStR 2017 S.1112) BFH-Urteil vom 25.10.2016 – I R 57/15 (DStR 2017 S. 24)

Umsatzsteuer
Umsatzsteuerpflicht bei Fahrschulen zweifelhaft

Der BFH zweifelt in einem Streitfall an der Umsatzsteuerpflicht für die Erteilung von Fahrunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1.

Nach nationalem Recht sind Unterrichtsleistungen zur Erlangung dieser Fahrerlaubnisse steuerpflichtig. Fahrschulen sind insoweit keine allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen wie es von § 4 Nr. 21 UStG verlangt wird.

Ungeklärt ist, ob der Fahrschulunterricht aus Gründen des Unionsrechts steuerfrei ist. In einem Beschluss hat der BFH dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) daher die Frage vorgelegt, ob Fahrschulen insoweit steuerfreie Leistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL erbringen.

Setzt das nationale Recht eine Steuerfreiheit nur ungenügend um, hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, sich auf die Richtlinie zu berufen.
Anmerkungen:
Nach der Pressemitteilung des BFH sind von dieser Entscheidung über 10.000 Fahrschulen in der BRD betroffen.
Wenn sich aus dem Verfahren eine Umsatzsteuerbefreiung ergibt, schließt diese für sämtliche Aufwendungen, die mit der steuerbefreiten Leistung in Zusammenhang stehen, den Vorsteuerabzug aus.
BFH-Beschluss vom 16.3.2017 – V R 38/16 (BFH-Pressemitteilung Nr.49/17 vom 26.7.2017)



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