Mandanten-Rundschreiben 10/2022 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

13.09. 2022



Allgemeines
Gesetzesänderung
Neues Nachweisgesetz (NachwG) ab 1. August 2022


Bei Neueinstellungen von Mitarbeitern muss der Arbeitgeber mehr Informationen geben als bisher notwendig.

Das neue Nachweisgesetz ist am 26.7.2022 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt am 1.8.2022 in Kraft.

Der Arbeitgeber muss – wie bisher schon – die wichtigsten Vertragsbedingungen schriftlich niederlegen und dem Arbeitnehmer aushändigen.

- Name und Anschrift der Vertragsparteien
- Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
- Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
- Arbeitsort
- Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
- Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
- Arbeitszeit
- Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
- Kündigungsfristen
- Allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs– und Dienst- vereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.

Ab 1.8.2022 müssen bei Neueinstellungen u.a. noch weitere Punkte schriftlich dokumentiert werden:
- Enddatum des Arbeitsverhältnisses
- ggf. freie Wahl des Arbeitsorts durch den Arbeitnehmer
- Dauer der Probezeit, soweit vereinbart
- Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, der Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
- vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen
- Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen, soweit vereinbart etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
- diverse Vereinbarungen bei Arbeit auf Abruf
- Name und Anschrift des Versorgungsträgers, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist
- bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltendes Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden.

Auch die Frist für die Erfüllung der Nachweispflichten wurde geändert. Bislang galt gleichermaßen eine einheitliche Frist von einem Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Jetzt muss ein Teil der Angaben (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr.1, 7 und 8 NachwG) spätestens am ersten Arbeitstag niedergelegt, unterzeichnet und dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden, ein Teil der Angaben (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2-6, 9 und 10 NachwG) spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn und die übrigen Angaben spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses.
Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (Nachweisgesetz – NachwG) vom 20.07.2022 (BGBl 2022 Teil I S. 1174)

Kein Anspruch auf Dankes- und Wunschformel im Arbeitszeugnis


In einem Vergleich verpflichtete sich ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen.

Dieser Arbeitnehmer hat auf dem Klageweg geltend gemacht, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, sein Zeugnis mit einer Schlussformel zu versehen, in dem ihm für die geleistete Arbeit gedankt und ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg gewünscht wird.

Das Bundesarbeitsgericht hat dem u.a. aus nachfolgenden Gründen widersprochen:
"Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, ein Arbeitszeugnis mit einer Schlussformel zu versehen, in der er dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünscht. Ein solcher Anspruch lässt sich weder unmittelbar aus § 109 Abs. 1 GewO noch aus einer verfassungskonformen Auslegung dieser Vorschrift noch aus der Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB herleiten."
BAG, Urteil vom 25.1.2022 – 9 AZR 146/21 (DB 2022 S. 1651)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Bildung einer Rückstellung für Steuerberatungskosten?


Im Streitfall ging es um die zeitliche steuerliche Berücksichtigung einer Rückstellung für Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung (Streitjahr 2012), und darüber, ob im Wege eines Haftungsbescheides nachgeforderte Lohnsteuerabzugsbeträge als Betriebsausgaben des Streitjahres 2014 zu berücksichtigen sind.

Ein Finanzgericht urteilte  wie folgt:
"1. Für die Bildung einer Rückstellung für Steuerberatungskosten genügt bei einem Klein- bzw. Kleinstbetrieb ohne das Hinzutreten weiterer Umstände weder eine erst Jahre nach dem Bilanzstichtag durchgeführte Betriebsprüfung als das die Aufwendungen "auslösende" Ereignis noch der Umstand, dass die Steuerbescheide der Streitjahre unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen.

2. Rückstellungen wegen öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen können erst dann gebildet werden, wenn die Finanzverwaltung ihren Anspruch kennt bzw. die Kenntniserlangung durch diese unmittelbar bevorsteht. Daher sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, auch wenn es sich um nicht hinterzogene Steuernachforderungen aufgrund einer Betriebsprüfung handelt (hier: Lohnsteuerhaftungsbeträge), nicht im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung bzw. im Steuerentstehungsjahr, sondern erst in dem Jahr zu bilden, in dem der Sachverhalt durch die Betriebsprüfung aufgegriffen wird und der Steuerpflichtige ernsthaft mit einer quantifizierbaren Inanspruchnahme rechnen musste."

Die Revision wurde zugelassen, da die Frage, ob eine Rückstellung für die Nachforderung nicht hinterzogener Steuerbeträge und für Steuerberatungskosten aufgrund einer Betriebsprüfung im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung oder in dem Jahr zu bilden ist, in dem der Sachverhalt von der Betriebsprüfung "aufgegriffen" wird, bislang nicht abschließend geklärt ist.
FG Münster, Urteil vom 24.06.2021 – 10 K 2084/18 K, G Revision eingelegt, AZ. BFH: XI R 19/21 (DStRE 2022 S. 769)

Steuerermäßigung nach 35a EStG bei ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen

Nach der bisherigen Ansicht eines Finanzgerichts waren nach § 35a EStG nur Aufwendungen begünstigt für die ambulante Pflege von Angehörigen im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen, nicht für die ambulante Pflege von Angehörigen in deren eigenem (anderen) Haushalt.

Dieser Ansicht widerspricht der BFH in einem aktuellen Urteil zu Gunsten der Steuerpflichtigen:
"1. Pflege- und Betreuungsleistungen im Sinne von § 35a Abs.2 S.2 Hs.1 EStG sind insbesondere Maßnahmen der unmittelbaren Pflege am Menschen (betreffend Körperpflege, Ernährung und Mobilität) sowie Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung (wie Einkaufen, Kochen und Reinigen der Wohnung).

2. Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs.2 S.2 Hs.1 EStG kann auch von Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden, denen Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung eines Dritten erwachsen. Dies gilt auch dann, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht werden.

3. Für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für ambu- lant erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen ist weder Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten noch in den Zahlungsvorgang ein Kreditinstitut eingebunden hat."
BFH-Urteil vom 12.04.2022 – VI R 2/20 (DStR 2022 S. 1416)

Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei privaten Veräußerungsgeschäften mit Grundstücken


Zu den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 2 EStG iV mit § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören private Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt.

Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (Alt. 1) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (Alt. 2) genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

In einem Streitfall hat das Finanzgericht wie folgt geurteilt:
"1. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung unentgeltlich an die Kindesmutter (Anm: ehemalige Ehefrau) sowie die gemeinsamen Kinder zur gemeinsamen Nutzung überlässt.

2. Eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns in einen steuerbaren und einen nicht steuerbaren Teil ist nicht vorzunehmen."

Aus der Urteilsbegründung ergeben sich u.a. folgende Grundsätze: Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt in beiden Alternativen voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen bewohnt wird.

Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen; unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt hingegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt jedoch wiederum vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung durch das Kind ist dem Eigentümer als eigene zuzurechnen.
FG Münster, Urteil vom 19.5.2022 - 8 K 19/20 E
Revision eingelegt; Az. des BFH: IX R 10/22 (EFG 2022 S. 1207)

Erbschaftsteuer – Schenkungsteuer
Beendigung der Selbstnutzung eines Familienheims Objektbezogenheit


Die Revision zu einem FG-Urteil zur Steuerbefreiung für ein sog. Familienheim klärt einen weiteren, bisher strittigen Sachverhalt (vgl. 4/2021).

Die Steuerbefreiung für ein sog. Familienheim fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutze, es sei denn, er sei aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.

Das Finanzgericht war der Meinung, ein zwingender Grund im Sinne des Gesetzes sei nur dann gegeben, wenn das Führen eines Haushalts schlechthin unmöglich sei.

Der BFH stellt klar, dass sich das Merkmal "aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert" auf die Selbstnutzung des betroffenen Familienheims bezieht.

Unerheblich und nicht entscheidend ist dabei, ob der Erwerber an einem anderen Ort in der Lage ist, einen Haushalt selbständig zu führen.

"1. Der Erwerber eines erbschaftsteuerrechtlich begünstigten Familienheims ist aus zwingenden Gründen an dessen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert, wenn die Selbstnutzung objektiv unmöglich oder aus objektiven Gründen unzumutbar ist.

Zweckmäßigkeitserwägungen reichen nicht aus.

2. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können zwingende Gründe darstellen, wenn sie dem Erwerber eine selbständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unmöglich machen."
BFH-Urteil vom 01.12.2021 – II R 18/20 (DStRK 2022 S. 207)



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