Mandanten-Rundschreiben 11/2017 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

23.10. 2017




Allgemeines
Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze

(Betriebsrentenstärkungsgesetz) BGBl 2017 vom 23.8.2017 –Teil I S. 3214
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde verabschiedet, es tritt generell am 1.1.2018 in Kraft und findet grundsätzlich auf tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung. Nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die Regelungen mit Einverständnis der durchführenden Versorgungseinrichtung auch vereinbaren. Nachfolgend nur einige wesentliche Gesichtspunkte des Gesetzes.

Ziel des Gesetzes ist die Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge, die insbesondere dadurch erreicht werden soll, dass es sich um reine Beitragszusagen handelt, die keine Risiken für den Arbeitgeber beinhalten. Die Leistungsansprüche des Arbeitnehmers richten sich ausschließlich gegen den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung.

Außerdem wird die steuerliche Förderung verbessert.

Steuerfreier  Höchstbetrag
maximal 8%; (bisher max. 4% zzgl. 1.800 €) - voraussichtlich 6.240 €*) (Beitragsbemessungsgrenze West Rentenversicherung; 2018 geplant 78.000 €/p.a).
darauf werden pauschal besteuerte Beiträge
angerechnet - maximal   
1.752 €
4.488 €
abzüglich arbeitgeberfinanziert, z.B.   
3.000 €
verbleiben für steuerfreie Entgeltumwandlung  
1.488 €
*) sozialversicherungsfrei nur bis max. 4%.

Für Geringverdiener mit nicht mehr als 2.200 € monatlich werden vom Arbeitgeber zusätzlich geleistete Beiträge von mindestens 240 € bis maximal 480 € im Kalenderjahr gefördert.  Der staatliche Zuschuss beträgt 30% und wird vom Arbeitgeber an der abzuführenden Lohnsteuer gekürzt.
Sylvia Dünn: "Das Betriebsrentenstärkungsgesetz" (RVaktuell 2017 S. 144)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen bei Übertragung eines mindestens 50%-igen GmbH-Anteils

Nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG sind Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50% betragenden Anteils an einer GmbH als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.

In einem Streitfall wurde dem Sohn vorstehender Sonderausgabenabzug nicht zugestanden, weil neben ihm der Vater weiterhin Geschäftsführer geblieben ist.

Selbst die Tatsache, dass der Sohn alleinvertretungsberechtigt war und der Vater keine Geschäftsführungsaufgaben mehr wahrgenommen hatte, half im Streitfall nicht.

Für den Sonderausgabenabzug beim Übernehmer muss der Übergeber (i.d.R. der Vater/die Mutter) seine Geschäftsführertätigkeit  insgesamt aufgeben.
BFH-Urteil vom 20.3.2017 – X R 35/16 (DB 2017 S. 2004)

Pauschale Einkommensteuer auf Geschenke und  Betriebsausgabenabzug

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Übernahme der pauschalen Einkommensteuer selbst wiederum als Geschenk anzusehen ist (vgl. 8/2017).

Das Urteil wurde im Bundessteuerblatt veröffentlicht und ist damit für die Finanzbehörden bindend. Nach einer ebenfalls im Bundessteuerblatt veröffentlichten Fußnote zum Urteil wendet die Finanzverwaltung das Urteil jedoch nicht vollumfänglich an ("Die Finanzverwaltung wendet die Vereinfachungsregelung in Rdnr. 25 des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2015 – BStBl I S. 468 weiter an").

"Bei der Prüfung der Freigrenze des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist aus Vereinfachungsgründen allein auf den Betrag der Zuwendung abzustellen. Die übernommene Steuer ist nicht mit einzubeziehen."

Im Ergebnis wird damit die pauschale Steuer bei Prüfung der 35 €-Grenze doch nicht berücksichtigt.
BFH-Urteil vom 30.3.2017 – IV R 13/14 (BStBl 2017 Teil II S. 892 – mit Fußnote)

Weiteres Verfahren zum Verlustvortrag bei  Kapitalgesellschaften

Die Verfassungswidrigkeit des (anteiligen) Wegfalls eines Verlustvortrags bei Kapitalgesellschaften bei der Übertragung von mehr als 25% bis zu 50% der Anteile wurde vom Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt (vgl. 7/2017).

Auch die Verfassungsmäßigkeit der weiteren gesetzlichen Regelung, wonach der Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft vollständig wegfällt, wenn innerhalb von 5 Jahren mehr als 50% der Anteile übertragen werden, wird jetzt überprüft.
Finanzgericht Hamburg, 2 K 245/17 (Pressemitteilung vom 30.08.2017)

Mitunternehmerschaft – echte und unechte Realteilung Sachwertabfindung  mit  Einzelwirtschaftsgütern

Nach früherer Auffassung war eine gewinnneutrale Realteilung ei- ner zwei- oder mehrgliedrigen Personengesellschaft nicht möglich, wenn die Mitunternehmerschaft von den verbleibenden Mitunternehmern fortgesetzt wurde. An dieser Beurteilung hat der BFH mit Urteil aus dem Jahr 2015 nicht mehr festgehalten (vgl. 6/2016).

Der Bundesfinanzhof hat in zwei weiteren Urteilen zu vorstehender Thematik Stellung genommen und teilweise der Auffassung der Finanzverwaltung widersprochen.
BFH-Urteil vom 16.3.2017 – IV R 31/14:
"Wird eine Mitunternehmerschaft aufgelöst, führt dies zur Aufgabe ihres Gewerbebetriebs i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG."
"Die Grundsätze der Realteilung gelten sowohl für die Auflösung der Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens ("echte Realteilung") als auch für das Ausscheiden (mindestens) eines Mitunternehmers unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus einer zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden Mitunternehmerschaft ("unechte Realteilung"). Ob im Einzelfall eine echte oder eine unechte Realteilung vorliegt, richtet sich danach, ob die Mitunternehmerschaft aufgelöst wird oder ob sie fortbesteht und nur (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mit- nahme von mitunternehmerischem Vermögen ausscheidet."
BFH-Urteil vom 30.3.2017 – IV R 11/15:

"Auf das Ausscheíden eines Mitunternehmers aus der Mitunternehmerschaft gegen Sachwertabfindung aus dem mitunternehmerischen Vermögen finden die Grundsätze der Realteilung auch dann Anwendung, wenn die Abfindung nicht in der Übertragung eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, sondern in der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter besteht"  (gegen BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2016 …….., BStBl 2017 Teil I S. 36).

Gesellschafter einer Personengesellschaft können damit in vielen Fällen gewinnneutral, d.h. ohne Aufdeckung stiller Reserven aus der Gesellschaft ausscheiden.
In allen Fällen der Sachwertabfindung eines ausscheidenden Gesellschafters ist dies gegeben, wenn der Gesellschafter die erhaltenen Wirtschaftsgüter weiter als Betriebsvermögen verwendet.
Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung soll dies nur dann gelten, wenn der ausscheidende Gesellschafter einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil erhält. Die Reaktion der Finanzverwaltung bleibt abzuwarten.
BFH-Urteil vom 16.3.2017 – IV R 31/14 (DB 2017 S. 1424) BFH-Urteil vom 30.3.2017 – IV R 11/15 (DB 2017 S. 1427)
BFH-Pressemitteilung Nr. 40/2017 vom 21.6.2017

Steuerliche Rückstellungen bei  Sachleistungsverpflichtungen
Sachleistungsverpflichtungen beinhalten Verpflichtungen, die nicht durch Zahlung eines Geldbetrages, sondern durch Lieferungen und/oder Leistungen zu erfüllen sind (z.B. Gewährleistungsrückstellungen).

Handelsrechtlich sind solche Rückstellungen nach § 253 Abs. 2 HGB bis zum Ende der Erfüllung abzuzinsen, steuerlich hingegen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG nur bis zum Beginn der Erfüllung.

Dies kann in solchen Fällen dazu führen, dass die steuerliche Rückstellung höher ausfällt als die handelsrechtliche Rückstellung.
Hierzu hat ein Finanzgericht entschieden.

"Ergibt sich bei der Bewertung von Rückstellungen ..…. ein gegenüber dem steuerrechtlichen Wert niedrigerer handelsrechtlicher Wertansatz, darf die Höhe der Rückstellungen in der Steuerbilanz diesen niedrigeren Handelsbilanzansatz nicht überschreiten."

Der handelsbilanzielle Ansatz soll nach diesem Urteil maßgeblich sein und damit auch die steuerliche Obergrenze bilden.
Sieht man die oben genannte Regelung im Einkommensteuerrecht hingegen als eigenständige Bestimmung an, die das Handelsrecht verdrängt, ergibt sich ein anderes Ergebnis.

Die Frage wird höchstrichterlich geklärt werden, die Revision wurde zugelassen.
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7.12.2016 - 1 K 1912/14 – Rev.eingelegt, Az. BFH: I R 18/17 (EFG 2017 S. 693)

Gewerbliche Prägung bei einer sogenannten Einheits-GmbH & Co. KG
In sehr vielen Fällen ist zur Vermeidung einer Gewinnrealisie- rung die gewerbliche Prägung einer – nicht originär gewerblich tätigen – GmbH & Co. KG erwünscht.

Bei einer sogenannten Einheits-GmbH & Co. KG – bei der die Kommanditgesellschaft selbst die Anteile an ihrer Komplementär-GmbH hält – wurde diese gewerbliche Prägung von der Finanzverwaltung in Frage gestellt (vgl. 9/2016).

Der Bundesfinanzhof entschied nunmehr gegen die Finanzverwaltung:
"Der gewerblichen Prägung einer "Einheits-GmbH & Co. KG" steht nicht entgegen, dass der im Grundsatz allein geschäftsführungsbefugten Komplementärin im Gesellschaftsvertrag der KG die Geschäftsführungsbefugnis betreffend die Ausübung der Gesellschafterrechte aus oder an den von der KG gehaltenen Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH entzogen und diese auf die Kommanditisten übertragen wird.§
BFH-Urteil vom 13.7.2017 – IV R 42/14 (DStR 2017 S. 2031)

Umsatzsteuer
Differenzbesteuerung beim "Ausschlachten" von Gebrauchtfahrzeugen

Für Unternehmer, die gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handeln, besteht nach § 25a UStG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der umsatzsteuerlichen  Differenzbesteuerung.

Der Umsatz wird in diesen Fällen nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis übersteigt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist diese Differenzbesteuerung "auch dann anwendbar, wenn ein Unternehmer Gegenstände liefert, die er gewonnen hat, indem er zuvor von ihm erworbene Gebrauchtfahrzeuge zerlegt hat."
Anmerkung:
Der Einkaufspreis für das erworbene Fahrzeug ist gegebenenfalls im Schätzwege den einzelnen Ersatzteilen zuzuordnen.
BFH-Urteil vom 23.2.2017 – V R 37/15 (DStR 2017 S. 1481)

Erbschaftsteuer – Schenkungsteuer
Freibetrag für Kinder bei der Pflege ihrer Eltern

Hat ein Kind einen pflegebedürftigen Elternteil zu Lebzeiten unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt gepflegt, ist es berechtigt, nach dem Ableben des Elternteils bei der Erbschaftsteuer den sogenannten Pflegefreibetrag in Anspruch zu nehmen.

Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs schließt die gesetzliche, auf Geldleistungen gerichtete Unterhaltspflicht der Kinder die Gewährung dieses Pflegefreibetrags nicht aus.

Die Finanzverwaltung hat dies bisher abgelehnt ( R E 13.5 Abs. 1 Satz 2 ErbStR).
Im Streitfall hatte die Tochter ihre Mutter in ihren Haushalt aufgenommen und elf Jahre gepflegt.

Steuerfrei ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG ein Betrag in Höhe von maximal 20.000 €. Der Freibetrag kann auch bei Schenkungen in Anspruch genommen werden.
BFH-Urteil vom 10.5.2017 – II R 37/15 (kösdi 8/2017 S. 20399)



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