Mandanten-Rundschreiben 4/2015 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

26.03. 2015



Allgemeines
Vereitelung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts Schadenersatz

Nach § 577 BGB steht bei einer nach Mietvertragsabschluss erfolgten Aufteilung eines Grundstücks in Eigentumswohnungen dem Mieter einer Eigentumswohnung ein Vorkaufsrecht zu.

Dieses Recht ignorierend hatte in einem Fall die Vermieterin alle Eigentumswohnungen an einen Dritten veräußert, der als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde.


Die Mieterin war weder vom Kaufvertragsabschluss unterrichtet noch auf das Vorkaufsrecht hingewiesen worden. Erst später wurde der Mieterin vom neuen Eigentümer die Wohnung zum Kauf angeboten.


Das Gericht sprach der Mieterin im Streitfall grundsätzlich Schadenersatz zu in Höhe der Differenz zwischen dem Verkehrswert der Wohnung und dem mit dem Dritten vereinbarten Kaufpreis.
BGHUrteil vom 21.1.2015 – VIII ZR 51/14 (NWB 2015 S. 399)


Kapitalanlagen Anlageberater
Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung

Nach den gesetzlichen Bestimmungen in § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB gilt: "Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet."

Analoges gilt dann, wenn der Kommanditist in Verlustjahren sogenannte "Ausschüttungen" erhält, was in der Praxis bei Kapitalanlagen nicht selten anzutreffen ist.

Hierzu hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Anlageberater auch auf dieses Risiko einer wiederauflebenden Kommanditistenhaftung hinzuweisen hat.

Das Gericht bestätigt damit seine Auffassung, dass über sämtliche Umstände aufgeklärt werden muss, die typischerweise Einfluss auf die Anlageentscheidung haben. Allein auf das Verlustrisiko hinzuweisen reicht hiernach nicht, auch auf das Risiko „erhaltene "Ausschüttungen" wieder zurückzahlen zu müssen, muss hingewiesen werden.
BGHUrteil vom 4.12.2014 – III ZR 82/14 (NWB Eilnachrichten 2015 S. 90)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Darlehensforderungen gegenüber Kommanditisten Betriebliche Veranlassung

Wenn eine gewerblich tätige Personengesellschaft einem ihrer Gesellschafter ein Darlehen gewährt, dann gehört diese Forderung zivilrechtlich zum Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft und muss folglich in ihrer Handelsbilanz als Vermögensgegenstand ausgewiesen werden.

Aus steuerlicher Sicht ist die Darlehensforderung gegen einen Mitunternehmer aber nur dann als Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens auszuweisen, wenn die Darlehensgewährung betrieblich veranlasst ist.

Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, dann folgt daraus, dass das Darlehen steuerlich als notwendiges Privatvermögen der Mitunternehmerschaft zu behandeln ist und damit eine Entnahme darstellt, die allen Gesellschaftern anteilig (im Verhältnis ihres Anteils am Gesellschaftsvermögen) unter Minderung ihrer Kapitalkonten zugerechnet wird.

Dies hat bei Kommanditisten Auswirkungen auf die Verlustausgleichsbeschränkung nach § 15a EStG und auf die steuerliche Behandlung der Darlehenszinsen.

Im Streitfall wurde die betriebliche Veranlassung anerkannt, weil die Darlehensgewährung – anstelle der sonst möglichen Entnahmen – die bilanzielle Situation der Gesellschaft verbesserte und die darlehensfinanzierten Prämien zwar private Lebensversicherungen betrafen, diese aber der Absicherung betrieblicher Schulden dienten.
BFHUrteil vom 16.10.2014 – IV R 15/11 (BB 2015 S. 496)

Selbst getragene Benzinkosten bei Anwendung der sogenannten 1%Regelung
Ein im Außendienst tätiger Steuerpflichtiger erhielt vom Arbeitgeber ein betriebliches Kraftfahrzeug gestellt, das er auch privat nutzen durfte. Alle Benzinkosten musste im Streitfall der Arbeitnehmer allerdings vollständig selbst tragen.

Die private Nutzung wurde im Rahmen der Gehaltsabrechnung pauschal nach der sogenannten 1%Regelung berücksichtigt.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung machte der Steuerpflichtige die von ihm zu tragenden Benzinkosten vollumfänglich als Werbungkosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend und bekam vom zuständigen Finanzgericht Recht.

Auch die für die Privatfahrten aufgewendeten Benzinkosten sind abziehbar, weil diese zum Erwerb von Sachlohn in Form der privaten KfzNutzung aufgewendet werden.
FG Düsseldorf, Urteil vom 4.12.2014 – 12 K 1073/14 E (NWB Eilnachrichten 2015 S. 238)

Kürzung des Höchstbetrags für Altersvorsorgeaufwendungen
Altersvorsorgeaufwendungen können bis 2014 Ledige/Verheiratete bis max. 20.000 €/40.000 € (in 2015: 22.172 €/44.344 €) als Sonderausgaben geltend machen. Für einen bestimmten Personenkreis ist dieser Höchstbetrag um einen fiktiven Gesamtbeitrag zur Rentenversicherung zu kürzen.

Zu diesem Personenkreis gehören u.a. Arbeitnehmer, die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen und denen eine betriebliche Altersversorgung im Zusammenhang mit einem bestehenden Dienstverhältnis zugesagt worden ist. Dazu können insbesondere beherrschende GesellschafterGeschäftsführer einer GmbH gehören.

Ist zugunsten des Alleingesellschafter–Geschäftsführers einer GmbH eine Direktversicherung abgeschlossen worden, ist der Höchstbetrag für Beiträge, die der Geschäftsführer zum Aufbau einer „RürupRente“ erbringt, pauschal um den fiktiven Gesamtbeitrag zur Rentenversicherung zu kürzen.

Zu beachten ist dabei, dass diese Kürzung selbst dann vorzunehmen ist, wenn für den Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer im Wege der Gehaltsumwandlung eine Direktversicherung abgeschlossen wurde, deren Versicherungsnehmerin die GmbH ist und der Geschäftsführer als Alleingesellschafter die Versicherung wirtschaftlich selbst finanziert hat.
Nach Ansicht des Gerichts ist die Regelung nicht verfassungswidrig.
BFHUrteil vom 15.07.2014 – X R 35/12 (DB 2014 S. 2938)

Grunderwerbsteuer bei Wechsel im Gesellschafterbestand
Die steuerliche Behandlung (Anschaffungs(neben)kosten oder sofort abzugsfähige Betriebsausgaben/Werbungskosten) der durch einen Wechsel im Gesellschafterbestand ausgelösten Grunderwerbsteuer ist immer wieder Grundlage für Rechtsstreitigkeiten mit der Finanzverwaltung.

Der BFH hat diese Rechtsfrage in einem Streitfall zu Gunsten der steuerpflichtigen Gesellschaft wie folgt entschieden: "Die infolge eines Wechsels im Gesellschafterbestand ausgelösten Grunderwerbsteuern stellen keine Anschaffungs(neben)kosten der erworbenen Kommanditanteile oder des vorhandenen Grundbesitzes der Objektgesellschaft dar."
Hinweis:
Ein weiteres Verfahren ist noch beim BFH unter – AZ IV R 10/13 anhängig (vgl. 8/2013).
BFHUrteil vom 2.9.2014 – IX R 50/13 (DStR 2015 S.291)

Gewerbesteuer
Abfärbewirkung von gewerblichen Einkünften
Bagatellgrenze

Ist eine Personengesellschaft teils freiberuflich und teils gewerblich tätig, gilt die Tätigkeit der Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG "in vollem Umfang" als Gewerbebetrieb (sog. Abfärbeoder Infektionstheorie) und unterliegt damit der Gewerbesteuer.

Auch eine nur geringfügige gewerbliche Tätigkeit der Personengesellschaft führt grundsätzlich zur Umqualifizierung der nicht gewerblichen Einkünfte in gewerbliche.

Eine Ausnahme ergibt sich nur bei einem äußerst geringen Umfang (Bagatellgrenze). Der Bundesfinanzhof hat jetzt in drei Urteilen eine eindeutige Aussage zu dieser Bagatellgrenze gemacht.

Eine Rechtsanwalts-GbR war nach Ansicht des Gerichts zwar (teilweise) gewerblich tätig, da sie einem angestellten Rechtsanwalt die eigenverantwortliche Durchführung von Insolvenzverfahren übertragen hatte. Trotzdem wurden ihre Einkünfte dadurch nicht insgesamt umqualifiziert. Die (gewerblichen) Nettoumsatzerlöse aus dieser auf den Angestellten übertragenen Tätigkeit betrugen weniger als 3% der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und haben den Betrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum nicht überstiegen.

In einem anderen Fall wurde die Umqualifizierung von künstlerischer Tätigkeit einer GbR in gewerbliche Einkünfte verneint, weil die gewerblichen Umsätze die genannten Grenzen nicht überschritten.

In einem weiteren Verfahren wurde die Umqualifizierung bejaht, weil die erzielten gewerblichen Umsätze in den Streitjahren mit 4,27% bzw. 4,91% über der Grenze von 3% lagen.

Hinweis:
Um das Risiko der Abfärberegelung zu vermeiden, empfiehlt es sich, insbesondere wenn ein Überschreiten der Grenzen droht, die schädliche Tätigkeit auszugliedern.
BFHUrteile vom 27.8.2014 – VIII R 6/12, VIII R 16/11, VIII R 41/11 (Pressemitteilung BFH Nr. 11 vom 11.02.2015)


Lohnsteuer
Betriebsveranstaltungen Änderung der Rechtsprechung – Änderung des Gesetzes

Änderung der Rechtsprechung
Zuwendungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen gehören als Leistungen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht zum Arbeitslohn, wenn es sich um herkömmliche (übliche) Betriebsveranstaltungen und um bei diesen Veranstaltungen übliche Zuwendungen handelt.

Der Bundesfinanzhof hatte im Jahre 2013 zu dieser Thematik in zwei Urteilen seine bisherige Auffassung korrigiert (Änderung der Rechtsprechung) und entschieden:

Der auf Familienangehörige entfallende Aufwand ist dem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zuzurechnen und Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

Beide Urteile sind jetzt im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden und damit anzuwenden. Steuerpflichtige können sich in allen noch offenen und strittigen Fällen auf diese neue Rechtsprechung berufen.

Änderung des Gesetzes
Der Gesetzgeber hat allerdings die neue Rechtsprechung zum Anlass genommen, den „Altzustand“ wieder herzustellen.

Ab 1.1.2015 gelten grundsätzlich wieder die "alten" Vorgaben:
Aufwendungen für Begleitpersonen werden dem betreffenden Arbeitnehmer zugerechnet und Kosten der Ausgestaltung für den äußeren Rahmen werden berücksichtigt.

Es wurde jedoch zugunsten der Steuerpflichtigen die bisherige Freigrenze von 110 € durch einen Freibetrag in Höhe von 110 EUR ersetzt. Übersteigen die Aufwendungen den Betrag von 110 €, wird damit nur noch der übersteigende Betrag besteuert.
BFHUrteile vom 16.5.2013 – VI R 94/10 bzw.VI R 7/11 (BStBl 2015 Teil II S. 186 ff) Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl 2014 Teil I S. 2417)

Sachbezugswert für Essenmarken bei Auswärtstätigkeit
Üben Arbeitnehmer eine längerfristige berufliche Auswärtstätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte aus, sind nach Ablauf von 3 Monaten an die Arbeitnehmer ausgegebene Essenmarken mit dem maßgebenden Sachbezugswert zu bewerten.

Diese Regelung ist mit Wirkung ab 1.1.2015 anzuwenden.
Anmerkung:
Die Verwaltungshinweise (RL 8.1. Abs. 7 Nr. 4a Satz 1 dd) sind damit überholt.
BMFSchreiben vom 5.1.2015 – IV C 5 – S 2334/08/10006 (BStBl 2015 Teil I S. 119)



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