Mandanten-Rundschreiben 9/2015 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

01.09. 2015



Allgemeines
Gesetzesänderung
Grund-/Kinderfreibetrag,  Kindergeld,  Entlastungsbetrag

Nach einem Beschluss des Bundestages aus dem Jahre 1995 legt die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über die Höhe des von der Einkommensteuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern vor.

Der neueste Bericht kommt zum Ergebnis, dass in den Veranlagungsjahren 2015 und 2016 Erhöhungsbedarf besteht. Ab dem Veranlagungszeitraum 2015 werden deshalb durch Gesetzesänderungen u.a. nachstehende Werte angepasst.

Grundfreibetrag (§ 32a Abs. 1 EStG)
Der Grundfreibetrag für das Jahr 2015 wird von 8.354 € auf
8.472 € und für das Jahr 2016 auf 8.652 € erhöht.

Bei der Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung Dezember 2015 erfolgt die Tarifentlastung zusammengefasst für 2015 zur Vermeidung von  Bürokratiekosten.

Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 Satz 1 EStG)
Der Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum wird von 2.184 €/4.368 € (ledig/verheiratet) auf 2.256 €/4.512 € im Jahr 2015 und auf 2.304 €/4.608 € im Jahre 2016 erhöht.

Einschließlich des unveränderten Freibetrags für Betreuung und Erziehung/Ausbildung ergeben sich damit für Verheiratete Freibeträge von 7.152 € in 2015 bzw.
7.248 € in 2016.

Kindergeld (§ 66 Abs. 1 EStG)
Das Kindergeld beträgt für das erste und zweite Kind  jeweils 188 € in 2015 bzw. 190 € in 2016 (bisher 184 €), für das dritte Kind 194 € in 2015 bzw. 196 € in 2016 (bisher 190 €) und für jedes weitere Kind 219 € in 2015 bzw. 221 € in 2016 (bisher 215 €).

Das höhere Kindergeld soll ab September 2015, für die rückwirkende Erhöhung ab Januar 2015 spätestens im Oktober 2015 ausbezahlt werden.

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG)
Der bisherige Entlastungsbetrag wird mit Wirkung ab 2015 auf 1.908 € (bisher 1.308 €) angehoben. Außerdem steigt der Freibetrag für das zweite und jedes weitere Kind jeweils um zusätzlich 240 €.
Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrages, des Kinderfreibetrages, des Kindergeldes und des Kinderzuschlages vom 16.7.2015 (BGBl. 2015 Teil I S. 1202)

Rückgewähr eines Gesellschafter-Darlehens binnen eines Jahres vor Insolvenzantrag
Die Insolvenzanfechtung der Rückgewähr eines GmbH-Ge- sellschafterdarlehens binnen eines Jahres vor Stellung eines Insolvenzantrags setzt keine Krise der Gesellschaft voraus. Entsprechendes gilt für die Rückgewähr eines durch den Gesellschafter abgesicherten Kredits.

Im Streitfall forderte der Insolvenzverwalter vom Gesellschafter einer GmbH u.a. einen Betrag in Höhe von rd. 100 T€ zurück, weil im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung ein Kontokorrentkredit zurück- geführt wurde, für den sich der Gesellschafter verbürgt hatte.

Nach den eindeutigen gesetzlichen Vorgaben, so das Gericht, kommt es seit den gesetzlichen Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG - BGBl 2008 Teil I S. 2026) auf die Krise der Gesellschaft nicht mehr an.

Die Neuregelung verweist nach § 135 der Insolvenzordnung (InsO) jedes Gesellschafterdarlehen bei Eintritt der Gesellschaftsinsolvenz in den Nachrang. Es gibt keine Unterscheidung mehr zwischen „kapitalersetzenden“ und "normalen" Darlehen.

Dies hat auf der einen Seite die Haftung der Gesellschafter im Jahr vor Insolvenzantrag verschärft, auf der anderen Seite aber auch entschärft, weil Rückzahlungen außerhalb der Jahresfrist keiner Überprüfung mehr unterliegen.
BGH, Beschluss vom 30.4.2015 – IX ZR 196/13 (DB 2015 S. 1345)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Abgeltungssteuersatz auf Zinsen bei Darlehen zwischen Ehegatten

Der gesonderte Einkommensteuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 25% gilt u.a. dann nicht, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind und die Zinsaufwendungen beim Schuldner als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zum Abzug kommen (vgl. 10/2014).

Ehegatten gehören unbestritten zu den einander nahestehenden Personen, dies allein reicht aber nach der Gesetzesbegründung für die Versagung des gesonderten Steuertarifs nicht aus.

Hinzukommen muss, dass der darlehensgebende Ehegatte auf den darlehensnehmenden Ehegatten einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Im Streitfall sah dies der Bundesfi- nanzhof bei einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Ehegatten als gegeben an.

Kein fremder Dritter hätte im strittigen Fall (Anschaffung eines Grundstücks) die Finanzierung übernommen, urteilte das Gericht und befand, dass die Chancen und Risiken der Darlehens- gewährung nicht in fremdüblicher Weise verteilt gewesen seien.

Die Zinserträge aus dem Darlehen unterlagen in diesem Fall da- her der tariflichen Einkommensteuer.
BFH-Urteil vom 28.1.2015 – VIII R 8/14 (NZG 2015 S. 606)

Selbstanzeigen für Kapitalvermögen
Nachträgliche Werbungskosten

Für die Erstellung von strafbefreienden Selbstanzeigen für nicht deklarierte Kapitaleinkünfte entstehen den Steuerpflichtigen u.U. nicht unbeträchtliche Ausgaben, z.B. für Beraterkosten.

Der BFH hat hierzu entschieden, dass Steuerpflichtige, die für nicht deklarierte Kapitaleinkünfte, die sie in den Jahren bis zum 31.12.2008 (vor Einführung der Abgeltungssteuer) erzielt haben, Ausgaben für Selbstanzeigen, die ihnen nach dem 31.12.2008 entstehen, nicht als Werbungskosten absetzen können. Auch verfassungsrechtlich hat der BFH gegen diese Regelung keine Bedenken.

Das Werbungskostenabzugsverbot findet damit (auch) Anwendung, wenn Ausgaben, die nach dem 31.12.2008 getätigt werden, mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die bereits vor dem 1.1.2009 zugeflossen sind.

Im Ergebnis werden die nacherklärten Kapitaleinkünfte zwar mit dem vollen persönlichen Steuersatz besteuert, für die Abzugsfähigkeit der nachträglichen Werbungskosten werden jedoch die Regelungen der Abgeltungssteuer angewandt.

Gegen die Entscheidung des BFH wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Anmerkung:
Den Werbungskostenabzug in solchen Fällen ablehnende Steuer- bescheide sollten bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) offen gehalten werden.
BFH-Urteil vom 2.12.2014 – VIII-R-34/13 (BStBl II 2015, S. 387);
Verfassungsbeschwerde eingelegt- AZ BVerfG: 2 BVerfG 878/15


Keine Aktivierung eines  Instandhaltungsanspruchs
"1. Übernimmt der Pächter vertraglich die nach der gesetzlichen Regelung dem Verpächter obliegende Pflicht zur Instandhaltung der verpachteten Sache, ist der Instandhaltungsanspruch des Verpächters auch dann nicht zu aktivieren, wenn sich der Pächter mit der Instandhaltung im Rückstand befindet.

2. Ist Pächter eine Personengesellschaft, wird der Instandhal- tungsanspruch des verpachtenden Gesellschafters auch dann nicht nach den Grundsätzen der korrespondierenden Bilanzierung in dessen Sonderbilanz aktiviert, wenn die Gesellschaft in der Gesamthandsbilanz eine Rückstellung für rückständige Instandhaltungsverpflichtungen  gebildet hat."

Das Urteil betrifft ggf. bilanzierende Verpächter und Vermieter. Im Streitfall bildete die Pächterin Rückstellungen für (nicht bestrittene) rückständige Instandhaltungsverpflichtungen.

Diese Gewinnminderung wollte das Finanzamt unter dem Aspekt korrespondierender Bilanzierung durch Aktivierung eines entsprechenden Anspruchs des Verpächters ausgleichen, scheiterte damit aber vor dem höchsten Gericht.

Eine Aktivierung beim Verpächter lehnten die Richter bereits deswegen ab, weil dem Verpächter für diesen Anspruch gar keine Aufwendungen entstanden sind. Ohne Anschaffungskosten aber gibt es keine Aktivierung.

Anmerkungen:
Dem Urteil kann auch im Rahmen von Betriebsaufspaltungen Bedeutung zukommen. Ein praktisches Problem dürfte in der Regel der Nachweis anzuerkennender rückständiger Instandhaltungsverpflichtungen sein.
BFH-Urteil vom 12.2.2015 – IV R 29/12 (DStR 2015 S. 811)


Betriebsaufspaltung - Besitz- und Betriebsunternehmen Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt
Wird in Fällen der Betriebsaufspaltung sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge auf den Sohn unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen, dann kommt es zur Aufdeckung aller stillen Reserven.


Im Streitfall bestand der klassische Fall einer Einzelfirma als Besitzgesellschaft in Verbindung mit einer GmbH als Betriebsgesellschaft.

Der Vater war Alleininhaber der Einzelfirma, deren Betriebsver- mögen aus einem Grundstück und den Betriebs-GmbH-Anteilen bestand, und er war alleiniger Gesellschafter der Betriebs-GmbH.

Nach dem hierzu ergangenen BFH-Urteil endet die Betriebsaufspaltung bei Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt mit allen damit verbundenen negativen steuerlichen Konsequenzen.

Die personelle Verflechtung liegt vor, wenn eine Person oder eine Personengruppe beide Unternehmen so beherrscht, dass sie in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betäti- gungswillen durchsetzen kann.

Diese personelle Verflechtung aber ist nach Ansicht des Gerichts nicht mehr gegeben. Der Vater beherrscht aufgrund des Nießbrauchs zwar weiterhin das Einzelunternehmen, nicht mehr aber die Betriebs-GmbH.

Hintergrund ist die Tatsache, dass bei einem zweifelsfrei zulässigen Vorbehaltsnießbrauch an GmbH-Anteilen das Stimmrecht nicht dem Nießbraucher, sondern dem Gesellschafter zusteht.

Anmerkung:
Im Streitfall hatte der beurkundende Notar auf die steuerlichen Risiken noch hingewiesen.
BFH-Urteil vom 21.1.2015 – X R 16/12 (GmbHR 2015 S. 776)

Grunderwerbsteuer
beim Erwerb eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks (Änderung der Rechtsprechung)

"Beim Kauf eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks durch den Erbbauberechtigten oder einen Dritten unterliegt lediglich der nach Abzug des Kapitalwerts des Erbbauzinsanspruchs vom Kaufpreis verbleibende Unterschiedsbetrag der Grunder- werbsteuer. Der Kaufpreis ist nicht nach der sogenannten Boruttau‘schen Formel aufzuteilen (Änderung der Rechtsprechung)."

Wurde ein Grundstück zusammen mit anderen Wirtschaftsgü- tern, die nicht als Teile des Grundstücks anzusehen sind (hier: Erbbauzinsanspruch), zu einem Gesamtpreis erworben, so war die Grunderwerbsteuer bisher von dem auf das Grundstück entfallenden Teil der Gegenleistung zu erheben.

Dies erfolgte bisher nach der sogenannten Boruttau’schen Formel: Gesamtpreis x gemeiner Wert des Grundstücks
Summe gemeine Werte (Grundstück und sonstige Gegenstände).

Diese Formel findet keine Anwendung mehr. Im Streitfall war der kapitalisierte Erbbauzinsanspruch höher als der vereinbarte Kaufpreis, eine Grunderwerbsteuer fiel damit nach der geän- derten Rechtsprechung nicht an.
BFH-Urteil vom 6.5.2015 – II R 8/14
(DB 2015 vom 10.7.2015 Heft 27/28 – M6)



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