Mandanten-Rundschreiben 04/2018 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

12.03. 2018




Allgemeines
Verlängerte Festsetzungsverjährung bei  Steuerhinterziehung

Die Festsetzungsfrist verlängert sich für hinterzogene Steuern auf 10 Jahre (§ 169 AO). Dies gilt auch im Fall der "geerbten" Steuerhinterziehung.

In einem Streitfall hatte die Mutter Kapitaleinkünfte im Ausland nicht erklärt. Von den zwei Töchtern hatte eine davon Kenntnis, berichtigte die Steuererklärungen der Mutter aber nicht.

Die andere Tochter wusste nicht Bescheid, was aber die Verlängerung der Festsetzungsfrist nicht verhinderte.
Der Bundesfinanzhof entschied hierzu in einem anhängigen Fall u.a.:
"Die Verlängerung der Festsetzungsfrist auf zehn Jahre gemäß §169 Abs. 2 Satz 2 und 3 1.Halbsatz AO tritt auch dann ein, wenn der als Gesamtschuldner in Anspruch genommene Erbe keine Kenntnis von der Steuerhinterziehung eines Miterben hat."
Hinweis:
Bei mehreren Erben haften diese für die Steuerschulden des Erblassers  als Gesamtschuldner.
BFH-Urteil vom 29.8.2017 – VIII R 32/15
(Pressemitteilung Nr. 7/2018 des BFH vom 7.2.2018)


Umkleidezeiten und Wegezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit
Die benötigten Umkleidezeiten zum An- und Ablegen der Dienstkleidung im Betrieb und die Wegezeiten vom Umkleideraum zur Arbeitsstelle und zurück sind vergütungspflichtige Arbeitszeiten nach § 611 Abs.1 BGB.

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts gilt die vorgenannte Vergütungspflicht, wenn es sich um auffällige Dienstkleidung handelt.

"Eine auffällige Dienstkleidung liegt auch vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund ihrer Ausgestaltung in der Öffentlichkeit einembestimmten Berufszweig oder einer bestimmten Branche zugeordnet werden kann."

Kläger war im Streitfall ein Krankenpfleger, der auf Anweisung des Arbeitgebers zum Tragen der Dienstkleidung während der Arbeitszeit verpflichtet war.
BAG-Urteil vom 6.9.2017 – 5 AZR 382/16 (DB 2018 S. 199)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Kaufpreisaufteilung auf Grund u. Boden und Gebäude bei  denkmalgeschützten Objekten

Der einheitliche Kaufpreis für ein bebautes Grundstück ist für die Berechnung der Abschreibung grundsätzlich nach dem Verhältnis der gemeinen Werte von Grund u. Boden und Gebäude aufzuteilen.

Ungeklärt ist bei denkmalgeschützten Objekten, ob überhaupt ein Wert auf den Grund und Boden entfällt, wenn es sich um ein denkmalgeschütztes Objekt mit "ewiger Gebäudeerhaltungspflicht" handelt.

In einem Streitfall hierzu hat es ein Finanzgericht nicht akzeptiert, dass der gesamte Kaufpreis dem Gebäude zugerechnet wird.
Das Gericht hatte die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen, die Frage wird aber dennoch höchstrichterlich geklärt, denn der Bundesfinanzhof hat der hiergegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde stattgegeben.
FG Köln, Urteil vom 7.9.2016 – 5 K 925/08 – Az. BFH: IX R 43/17 (kösdi 2018 S. 20634)

Zufluss einer Tantieme beim beherrschenden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer
Tantiemen sind grundsätzlich im Jahr des Zuflusses zu versteuern. Für den maßgeblichen Zeitpunkt stellt die Rechtsprechung darauf ab, wann die tatsächliche Verfügungsmacht vom Empfänger erlangt wird.

Bei einem beherrschenden Gesellschafter wird der Zufluss bereits in dem Zeitpunkt angenommen, in dem der Anspruch fällig ist, es sei denn die GmbH ist zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig.

Ein Finanzgericht hat hierzu in einem nicht rechtskräftigen Urteil "ergänzend" entschieden:
"Wird der Jahresabschluss einer GmbH nicht innerhalb der Frist des § 42a Abs. 2 Satz 1 GmbHG festgestellt, so ist für die Fälligkeit der Tantieme des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers die fristgerechte Feststellung des Jahresabschlusses zu fingieren."

Nach § 42a GmbHG hat die Feststellung bis zum Ablauf der ersten acht Monate bzw. der ersten elf Monaten bei kleinen Gesellschaften zu erfolgen.
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.8.2017 – 6 K 1418/14 – Revision anhängig, Az. BFH: VI R 44/17 (kösdi 2018 S. 20636)

Umsatzsteuer
Kein Vorsteuerabzug bei unangemessenem Repräsentationsaufwand

Ein umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer kann grundsätzlich die ihm von anderen Unternehmern in Rechnung gestellte gesetzliche Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen.

Nicht abzugsfähig sind aber Vorsteuern, die auf bestimmte Aufwendungen entfallen, für die ertragsteuerlich nach § 4 Abs. 5 EStG ein Abzugsverbot greift.

Zu diesen Aufwendungen gehören u.a. auch solche, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG).

Hierzu entschied ein Finanzgericht im Falle eines mit Laborleistungen umsatzsteuerpflichtigen Zahnarztes wie folgt:
"Bei Aufwendungen eines Zahnarztes für einen Ferrari handelt es sich um unangemessenen Repräsentationsaufwand, so dass ein Vorsteuerabzug nicht gegeben ist."
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 6.6.2016 – 1 K 3386/15,rkr. (DStRE 2018 S. 96)

Keine unterschiedlichen Steuersätze bei einheitlicher Leistung?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass eine einheitliche Leistung, die aus zwei separaten Bestandteilen besteht (einem Haupt- und einem Nebenbestandteil), zu dem für den Hauptbestandteil geltenden Mehrwertsteuersatz zu besteuern ist.

Dies gilt selbst dann, wenn der Preis für die einzelnen Bestandteile bestimmt werden kann. Die Reaktion der Finanzverwaltung auf dieses Urteil bleibt abzuwarten.

Insbesondere bei Beherbergungsleistungen (Vermietung von Wohn- und Schlafräumen) stellt sich die Frage, welche Leistungen als Nebenbestandteile (z.B. Frühstück) unter dem Gesichtspunkt der einheitlichen Leistung auch nur dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Anmerkung:
Bis zur Stellungnahme der Finanzverwaltung empfiehlt es sich für den leistenden Unternehmer, die bisherige Handhabung (z.B. Frühstück mit 19% Umsatzsteuer)  beizubehalten.
EuGH, Urteil vom 18.1.2018 – C – 463/16 (NWB Eilnachrichten 2018 S. 456)

Erbschaftsteuer – Schenkungsteuer
Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch (Rechtsprechungsabweichung)

"Die Besteuerung der Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, richtet sich nach der zwischen den Erben maßgebenden Steuerklasse (Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung). Vorerwerbe vom künftigen Erblasser sind nicht zu berücksichtigen."

Nach dieser neuen Rechtsprechung ist künftig danach zu unterscheiden, ob die gesetzlichen Erben den Verzichtsvertrag schon zu Lebzeiten des Erblassers vereinbart haben oder erst nach dessen Tod.

Vereinbarungen zwischen zwei Kindern (Geschwistern) des Erblassers werden damit zukünftig nur noch dann nach der günstigen Steuerklasse I besteuert, wenn der Verzicht nach dem Tod des Erblassers erfolgt.

Bei Verzichtsvereinbarungen zu Lebzeiten des Erblassers findet hingegen die ungünstigere Steuerklasse II (Geschwister) Anwendung.
BFH-Urteil vom 10.05.2017 – II R 25/15 (DStR 2017 S. 1817)

Erbschaftsteuerliche  Risiken bei Einsetzung eines nicht befreiten Vorerben
Sollte das Urteil eines Finanzgerichts in der Revision vor dem Bundesfinanzhof  Bestand  haben,  wird  der  Fall  als Muster "schlechter" Testamentsgestaltung dienen können.

In einem notariell beglaubigten Testament wurde die langjährige Lebensgefährtin als nicht befreite Vorerbin eingesetzt. Zudem wurde Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Nacherben waren drei gemeinnützige Organisationen.

Der Erwerb des Vorerben unterliegt in vollem Umfang der Erbschaftsteuer; dies gilt auch für den nicht befreiten Vorerben. Verfügungsbeschränkungen können nicht steuermindernd berücksichtigt werden.

Als nicht befreite Vorerbin konnte die Lebensgefährtin lediglich die Nachlassgegenstände nutzen und die Erträge des Nachlasses verbrauchen. Im Streitfall bestand dieser nur in Geldvermögen, die Erträge waren gering.

Die Lebensgefährtin musste gleichwohl den ungekürzten Wert des Geldvermögens der Besteuerung unterwerfen und dies im strittigen Fall auch noch zum Steuersatz in der ungünstigsten Steuerklasse.

Die unmittelbare Einsetzung der gemeinnützigen Organisationen als Erben und die Lebensgefährtin "nur" mit einem Vermächtnisnießbrauch zu bedenken, wäre aus erbschaftsteuerlicher Sicht erheblich günstiger gewesen.

Anmerkung:
Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen sind nach § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG steuerbefreit.
FG Köln, Urteil vom 29.6.2017 – 7 K 2587/15, Revsion eingelegt, Az. BFH: II R 39/17 (ZEV 2017 S. 727)

Berücksichtigung von Sanierungskosten in  einem Sachverständigengutachten
Wenn bei Schenkungen und Erbschaften von Grundstücken unterschiedliche Wertauffassungen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung bestehen, hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit z.B. durch ein Sachverständigengutachten nachzuweisen, dass der gemeine Wert des Grundstücks geringer ist als der nach steuerlichen Vorschriften ermittelte Wert. Der Steuerpflichtige trägt insoweit die Nachweislast.

Hinsichtlich der Anforderungen an ein solches Gutachten hat der BFH in einem Streitfall entschieden:
"1. Zur Ordnungsmäßigkeit eines Sachverständigengutachtens gehören methodische Qualität und eine zutreffende Erhebung und Dokumentation der Begutachtungsgrundlagen.

2. Ist im Ertragswertverfahren dem schlechten Zustand eines Gebäudes bei Erträgen, Bewirtschaftungskosten und Restnutzungsdauer nicht Rechnung getragen worden, können Instandsetzungskosten durch Abschläge zu berücksichtigen sein. Aus dem Gutachten muss sich jedoch ergeben, wie sich die Mängel und Schäden auf den Verkehrswert auswirken.

3. Je weniger unmittelbare tatsächliche Erkenntnisse des Sachverständigen vorliegen, umso geringer ist der Nachweiswert des Gutachtens."

Im Streitfall hatte der Gutachter vom ermittelten Ertragswert nach überschlägiger Schätzung pauschale Kosten für die Beseitigung eines Reparaturstaus an einem Teil der Wohnungen abgezogen.

Diese Argumentation wurde vom BFH verworfen, weil der Gutachter sich nicht mit dem Zustand sämtlicher Wohnungen auseinandersetzte und nicht berücksichtigte, welcher Einfluss sich aus dem Instandhaltungsstau auf die Mieten  ergab.

Hinweis:
Bei Beauftragung eines Gutachtens müssen die Gutachter auf diese Grundsätze der Anforderungen an ein Gutachten hingewiesen werden.
BFH- Urteil vom 24.10.2017 – II R 40/15 (kösdi 2018 S. 20639)



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