Mandanten-Rundschreiben 05/2019 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

05.04. 2019



Allgemeines
Kein Anspruch auf Verzugspauschale bei verspäteter Zahlung des Arbeitsentgelts

Nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro.

Bislang war umstritten, ob diese Regelung auch im Arbeitsrecht gilt.

In einem Streitfall hat ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber auf Zahlung rückständiger Zulagen für drei Monate in Anspruch genommen und zudem für die drei Monate jeweils die Zahlung der Pauschale verlangt. Die Vorinstanzen gaben dem Arbeitnehmer in vollem Umfang recht.

Der Arbeitgeber wandte sich mit seiner Revision beim Bundesarbeitsgericht (nur) gegen die Zahlung der Verzugspauschalen und war damit erfolgreich.

"§ 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) schließt als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch für bis zum Schluss einer eventuellen ersten Instanz entstandene Beitreibungskosten und damit insoweit auch einen Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB aus."
BAG, Urteil vom 25.9.2018 – 8 AZR 26/18 (DB 2019 S. 252)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Berücksichtigung des Altersentlastungsbetrags beim Verlustabzug?

Nach § 24a EStG wird ein Altersentlastungsbetrag einem Steuerpflichtigen gewährt, der vor dem Beginn des Kalenderjahres, in dem er sein Einkommen bezogen hat, das 64. Lebensjahr vollendet hatte.

Die Berücksichtigung eines solchen Entlastungsbetrags im Zusammenhang mit Verlusten ist strittig.

Das Finanzamt ließ bei einer Zusammenveranlagung von Ehegatten mit jeweils negativem Gesamtbetrag der Einkünfte die Altersentlastungsbeträge bei der Feststellung des zum 31.12. verbleibenden  Verlustabzugs  unberücksichtigt.

Nach Ansicht eines Finanzgerichts ist ein im Einkommensteuerbescheid angesetzter Altersentlastungsbetrag bei der Verlustfeststellung zum 31.12. auch dann zu berücksichtigen, wenn sich hierdurch ein nicht ausgeglichener Verlust weiter erhöht. Im Rahmen des Verlustausgleichs sei der Altersentlastungsbetrag mit positiven Einkünften zu verrechnen und könne darüber hinaus die Wirkung entfalten, dass sich ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte erhöht. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen.
FG Köln, Urteil vom 12.12.2018 – 10 K 1730/17
– Revision zugelassen, Az. BFH: IX R 3/19 (FG Köln, Pressemitteilung vom 8.3.2019)

Abzinsung von Verbindlichkeiten verfassungsgemäß?
Grundsätzlich sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG Verbindlichkeiten mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.

Das Abzinsungsgebot soll dem Umstand Rechnung tragen, dass unverzinsliche Geldleistungsverpflichtungen weniger belastend sind als marktüblich verzinste Schulden; sie gebieten deshalb eine Abzinsung auf den niedrigeren Teilwert.

Dieses Abzinsungsgebot führt z.B. bei einer unverzinslichen langfristigen Verbindlichkeit ohne klare Vereinbarung einer Laufzeit zu einer Abzinsung von rd. 50% der (Nominal-)Verbindlichkeit, d.h. fast die Hälfte der Verbindlichkeit wirkt sich ggf. als steuerlicher Ertrag aus.

Das Finanzgericht Hamburg hat ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel am Abzinsungszinssatz und hat Aussetzung der Vollziehung gewährt.

"Im Rahmen der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes be- stehen ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Zinssatzes von 5,5% für die Abzinsung von Verbindlichkeiten gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG. In einer anhaltenden Niedrigzinsphase hat dieser typisierende Zinssatz den Bezug zum langfristigen Marktzinsniveau verloren."

(Anmerkung: Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG fallen auch die steuerbilanziellen Rückstellungsbewertungen unter diese Problematik).

In seiner ausführlichen Begründung nimmt das Gericht u.a. auch Bezug auf die bereits laufenden Verfahren hinsichtlich der Zweifel an der Höhe des in den Steuergesetzen festgelegten Zinssatzes von 6% (§ 238 AO, § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG).
FG Hamburg, Beschluss vom 31.1.2019 – 2-V-112/18 (FG Hamburg, Pressemitteilung vom 5.2.2019)

Untergang einer Kapitalanlage Einkommensteuerliche  Auswirkung
Die Anerkennung der Berücksichtigung eines Verlustes bei einer Aktienveräußerung, wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt, hat der BFH bereits höchstrichterlich entschieden (vgl. 11/2018).

Ein Finanzgericht hat zu einem weiteren Sachverhalt im Rahmen von Verlusten bei "Aktienveräußerungen" entschieden:
!Die ersatzlose Ausbuchung von endgültig wertlos gewordenen Aktien führt zu einem nach § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden  Vermögensverlust."

Das Finanzgericht stellt nach der Begründung zwar fest, dass der Untergang einer Kapitalanlage keine Veräußerung ist, deren natürlicher Wortsinn einen Wechsel des Rechtsträgers erfordert.

Der Ausfall eines Aktionärs bei Untergang der Kapitalgesellschaft ist jedoch in verfassungskonformer Auslegung des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG vom Ersatztatbestand der "Rückzahlung", genauer von der "ausbleibenden Rückzahlung" erfasst.

Es bestehen keine Gründe, die es rechtfertigen könnten, den Untergang einer Aktie anders zu behandeln als den einer sonstigen Kapitalforderung, z.B. einer Darlehensforderung.

Da die steuerliche Behandlung des Verlusts einer Kapitalanlage bei Untergang/Liquidation bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist, wurde die Revision zugelassen.
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.12.2018 – 2 K 1952/16, Revision eingelegt; Az.BFH: VIII R 5/19 (BB 2019 S. 611)

Abgrenzung von Ausbildungsphasen beim Kindergeld
Grundsätzlich wird Kindergeld auch für ein volljähriges Kind gewährt, das noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird. Das Kind befindet sich bis zum Erreichen des Berufsziels in der Berufsausbildung.

Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).

Die Grundsätze und Kriterien der Abgrenzung hat der BFH in einem aktuellen Urteil ausgeführt:
"1. Nimmt ein volljähriges Kind nach Erlangung eines ersten Abschlusses in einem öffentlichrechtlich geordneten Ausbildungsgang eine nicht unter § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG fallende Berufstätigkeit auf, erfordert § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zwischen einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten  Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen.

2. Eine einheitliche Erstausbildung ist nicht mehr anzunehmen, wenn die von dem Kind aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und sich die weiteren Ausbildungsmaßnahmen als eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen.


3.  Im Rahmen der Gesamtwürdigung der Verhältnisse kommt es insbesondere darauf an, auf welche Dauer das Kind das Beschäftigungsverhältnis vereinbart hat, in welchem Umfang die vereinbarte Arbeitszeit die 20-Stundengrenze überschreitet, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen, ob die ausgeübte Berufstätigkeit die durch den ersten Abschluss erlangte Qualifikation erfordert und inwieweit die Ausbildungsmaßnahmen und die Berufstätigkeit im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Durchführung und auf ihren Inhalt aufeinander abgestimmt sind.

4. Der für die Annahme einer einheitlichen Erstausbildung notwendige sachliche Zusammenhang zwischen den  einzelnen Ausbildungsabschnitten entfällt nicht notwendigerweise dadurch, dass der nachfolgende Ausbildungsabschnitt für die Zulassung zur Abschlussprüfung oder für deren Bestehen eine Berufstätigkeit voraussetzt."
BFH-Urteil vom 11.12.2018 – III R 26/18 (NWB Eilnachrichten 12/2019 – S. 778)

Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG in einen anderen Betrieb
Gewinne aus der Veräußerung von im Betriebsvermögen gehaltenen Grund und Boden sowie Gebäuden können steuerlich nach § 6b EStG begünstigt sein.

Die Vorschrift des § 6b EStG ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die Übertragung der bei der Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven und vermeidet damit eine sofortige Versteuerung des Gewinns.

Die Steuerpflichtigen können danach einen Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns von bestimmten Reinvestitionswirtschaftsgütern abziehen, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorausgegangenen Wirtschaftsjahr angeschafft oder hergestellt worden sind.

Soweit der Steuerpflichtige einen Abzug nicht vornimmt, kann er im Jahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden und von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines begünstigten, reinvestierten Wirtschaftsguts abziehen, das in den folgenden vier Wirtschaftsjahren (in besonderen Fällen in den folgenden sechs Wirtschaftsjahren) angeschafft oder hergestellt wird.

Darüber hinaus kann der Abzug auch von solchen Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Reinvestitionen vorgenommen werden, die in einem anderen Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen oder in einem anderen Gesamthandsvermögen entstanden sind, an dem der Steuerpflichtige beteiligt ist.

In einem Streitfall ging es um die zeitliche Komponente der Übertragung. Hierbei hat der BFH die Verwaltungsauffassung bestätigt.

"1. Eine Rücklage nach § 6b EStG darf vor der Anschaffung oder Herstellung eines Reinvestitionswirtschaftsguts nicht auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden.

2. Ein Veräußerungsgewinn, der in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt worden ist, kann in einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen erst in dem Zeitpunkt überführt werden, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionswirtschaftsguts des anderen Betriebs vorgenommen wird (Bestätigung von R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR)."
BFH-Urteil vom 22.11.2018 – VI R 50/16 (BB 2019 S. 623)

Umsatzsteuer
Umsatzsteuerpflicht des Fahrschulunterrichts

Seit 2017 war nach einem BFH-Beschluss ungeklärt, ob die Erteilung von Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 aus Gründen des Unionsrechts steuerfrei ist (vgl. 10/2017, BFH-Beschluss vom 16.3.2017 – V R 38/16).

Diese Frage hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt geklärt. Fahrschulunterricht für die Fahrerlaubnisklassen B und C1 ist kein von der Mehrwertsteuer befreiter Schul- und Hochschulunterricht nach Art. 132 Abs.1 Buchst. i und j MwStSystRL.

Der Fahrunterricht mag sich zwar vielleicht auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art beziehen. Er bleibt aber ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielseitiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.
EuGH, Urteil vom 14.3.2019 – C-449/17 (EuGH, Pressemitteilung vom 14.3.2019)



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