Mandanten-Rundschreiben 06/2019 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

09.05. 2019



Allgemeines
Höhere  Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen ab 1. Juli 2019

Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen wird jeweils zum 1. Juli eines jeden zweiten Jahres an die prozentuale Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG angepasst.

Der steuerliche Grundfreibetrag hat sich seit dem letzten Stichtag (1.7.2017) um 3,95% erhöht. Daraus ergibt sich eine entsprechende Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen.

Erhöht werden die geschützten Beträge, die bei einer Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte nicht gepfändet werden dürfen. Dieser Pfändungsschutz stellt sicher, dass Schuldner auch bei einer Pfändung ihres Arbeits- einkommens ihr Existenzminimum sichern und die gesetzlichen Unterhaltspflichten  erfüllen können.

Ab  dem  1.7.2019  gelten  neue  Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO, für einen monatlichen Lohnzahlungszeitraum
z.B. Grundbetrag    1.178,59 € (bisher 1.133,80 €)
Freibeträge für unterhaltsberechtigte Personen
> erste Person    443,57 € (bisher 426,71 €)
>  zweite bis fünfte Person jeweils  247,12 € (bisher 237,73 €)

Hinweise:
Bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens ist zu beachten, dass Teile des Einkommens unpfändbar (§ 850a ZPO) sind, so z.B. die Hälfte des für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Lohns sowie Weihnachtsgeld bis zur Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens (max. jedoch 500 €).

Wenn Schuldner mehr verdienen als den so ermittelten pfändungsfreien Betrag, verbleibt ihnen vom Mehrbetrag ebenfalls ein bestimmter Anteil.
Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2019 v. 4.4.2019
(BGBl 2019 I vom 11.4.2019 S.443)


Gleitzone in der Sozialversicherung wird ab 1.7.2019 zum Übergangsbereich
Zur Entlastung von Sozialversicherungsbeiträgen bei Geringverdienern dient seit 1.4.2003 die sog. Gleitzone.

Die sozialversicherungsrechtliche Regelung der bisherigen Gleitzone (Obergrenze bis zum 30.6.2019 850 €/mtl.) wird ab 1.7.2019 durch den sog. Übergangsbereich weiterentwickelt.

Der Übergangsbereich nach § 20 Abs. 2 SGB IV umfasst ab dem 1. Juli 2019 die Arbeitsentgelte von mehr als 450 € bis 1.300 € im Monat; bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen ist das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt maßgebend.

Bei Beschäftigungen mit einem regelmäßigen monatlichen Entgelt innerhalb des Übergangsbereichs gelten in allen Sozialversicherungszweigen für die Beitragsberechnung besondere Regelungen.

Die Arbeitnehmer zahlen im Gegensatz zu den Arbeitgebern nur einen reduzierten Beitragsanteil aus einem verminderten Entgelt.

Die Arbeitgeber leisten einen Beitragsanteil für alle Versiche- rungszweige aus dem tatsächlich erzielten Entgelt.

Neben der  Anhebung der Entgeltobergrenze von 850 €  auf 1.300 € unterscheidet sich der Übergangsbereich von der bis- herigen Gleitzone dadurch, dass die reduzierten Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung nicht mehr zu geringeren Rentenansprüchen für die Beschäftigten führen.

Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung - RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz vom 28.11.2018 – Artikel 4 ( BGBl v. 4.12.2018 I S. 2021)

Bekanntgabe von Verwaltungsakten bei Einschaltung privater Postdienstleister
Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt wird, grundsätzlich am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben.

Bei Einschaltung eines privaten Postdienstleisters kann es zu einer Einschränkung der Zugangsvermutung kommen. Im Streitfall ging es um die Einhaltung einer Klagefrist, die einen Monat beträgt und mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung beginnt.

Hierzu entschied der Bundesfinanzhof.
"1. Unter "Aufgabe zur Post" i.S. des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO wird auch die Übermittlung eines Verwaltungsakts durch einen pri- vaten Postdienstleister erfasst.

2. Die Einschaltung eines privaten Postdienstleisters sowie die weitere Einschaltung eines Subunternehmers können für die Zugangsvermutung innerhalb der Dreitagesfrist von Bedeutung sein, weil hierdurch möglicherweise ein längerer Postlauf gegeben ist. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob nach den bei den privaten Dienstleistern vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen aus- gegangen werden kann."
BFH-Urteil vom 14.6.2018 – III R 27/17 (DStZ 2019 S. 61)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Stipendiumsleistungen Anrechnung  auf Werbungskosten?

Im Streitfall erhielt der Kläger für seine Zweitausbildung ein Aufstiegsstipendium der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung gemeinnützige Gesellschaft mbH aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Den gesamten Jahresbetrag zog das Finanzamt von den erklär- ten Studienkosten ab, die der Kläger geltend gemacht hatte.

Das Finanzgericht reduzierte die Anrechnung des Stipendiums um 70%, da die Stipendiumsleistungen sowohl für die Kosten der allgemeinen Lebensführung als auch zur Bestreitung von Bildungsaufwendungen  gezahlt wurden.

Zur Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts erhaltene Stipendiumszahlungen mindern die Werbungskosten für eine Zweitausbildung nicht.

Als Werbungskosten abziehbare Ausbildungskosten sind nur insoweit um erhaltene Stipendiumsleistungen zu mindern als die Stipendiumsleistungen zum Ausgleich der Bildungsaufwen- dungen gezahlt werden. Das Gericht ermittelte die nicht anzurechnenden Beträge anhand der allgemeinen Lebenshaltungs- kosten eines Studenten.

Die vom Gericht zugelassene Revision beim Bundesfinanzhof wurde nicht eingelegt. Das Urteil ist rechtskräftig.
FG Köln, Urteil vom 15.11.2018 – 1 K 1246/16 (FG Köln, Pressemitteilung vom 1.3.2019)

Veräußerungsgewinn bei einer Eigentumswohnung nach  langjähriger Eigennutzung?
In einem Verfahren vor einem Finanzgericht ging es um die Frage, ob der Gewinn aus der Veräußerung einer nach langjähriger Eigennutzung kurzzeitig vermieteten Eigentumswohnung inner- halb von 10 Jahren seit deren Erwerb steuerpflichtig ist.

Der Kläger hatte 2006 eine Eigentumswohnung erworben und diese bis April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt, von Mai bis Dezember 2014 kurzzeitig vermietet und mit notariellem Vertrag am 17.12.2014 veräußert.

Das Finanzamt ermittelte einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn.

Das Finanzgericht verneinte die Steuerpflicht:
Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative EStG („im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt“), erfordere nach seinem klaren Wortlaut – anders als die 1. Alternative - keine Ausschließlichkeit der Eigennutzung.

Es genüge eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren. Diese müsse – mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahres – nicht während des gesamten Kalenderjahres vorgelegen haben. Es genüge ein zusammenhängender Zeitraum der Eigennutzung, der sich über drei Kalenderjahre erstrecke.

Hinweis:
Das Finanzamt hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az.BFH: IX 28/19). Daher ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
FG Baden-Württemberg Urteil vom 7.12.2018 – 13 K 289/17 (FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 1.4.2019)

Ablösung Gesellschafterdarlehen durch Gesellschaftereinlagen als  nachträgliche Anschaffungskosten
Der Ausfall von Darlehen, die der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) gewährt hat, führt grundsätzlich in Höhe des Nennwerts zu (nachträglichen) Anschaffungskosten der Beteiligung an dieser Kapitalgesellschaft, wenn es sich um ein Finanzplandarlehen, krisenbestimmtes Darlehen oder Krisendarlehen handelt.

Bei in der Krise stehen gelassenen Darlehen jedoch führt der Ausfall nur in Höhe des Teilwerts des Darlehens im Zeitpunkt des Eintritts der Krise zu Anschaffungskosten. Dieser Wert aber liegt wegen der Krise der Gesellschaft regelmäßig bei Null €.

Der Darlehensausfall bleibt damit ohne steuerliche Wirkung. Dem soll nachstehende Gestaltung entgegenwirken.

Ein Gesellschafter hat der GmbH ein Darlehen gewährt, welches als "in der Krise stehen gelassenes Darlehen" zu qualifizieren ist. Die Gesellschaft kann das Darlehen nicht zurückzahlen.

Daraufhin leistet der Gesellschafter eine Einlage in die GmbH, die er ggf. bei einer Bank refinanziert; die Gesellschaft tilgt damit das Darlehen des Gesellschafters.
Einlagen eines Gesellschafters in die Kapitalgesellschaft führen immer zu Anschaffungskosten der Beteiligung.

Wirtschaftlich hat der Gesellschafter dann mit der Einlage den gleichen finanziellen Verlust erlitten wie mit einem Darlehensausfall. Steuerlich aber wird ein Darlehensausfall, der nicht zu Anschaffungskosten führt, durch eine anschaffungskostenerhöhende Einlage ersetzt.

Der BFH hat diese Gestaltung entgegen der Verwaltungsauffas- sung nicht als Missbrauch i.S.d. § 42 AO gesehen.

Hinweis:
Die BFH-Urteile sind bislang noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Es liegt auch noch keine Reaktion der Finanzverwaltung vor; diese bleibt abzuwarten.
BFH-Urteile vom 20.07.2018 – IX R 5/15 bzw. 6/15 bzw. 7/15
OFD Frankfurt a.M., Verfügung vom 23.11.2018 – S 2244 A 61 St 215
(DStR 2019 S. 626)


Gewerbesteuer
Hinzurechnung von Entgelt für die Anmietung von Messestandflächen

Die Hinzurechnungsvorschriften des Gewerbesteuergesetzes bieten immer wieder Anlass zu gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG ist dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen.

Erfasst werden dabei Miet-/Pachtzinsen für die unbeweglichen Wirtschaftsgüter, die beim Mieter/Pächter zu dessen Anlagevermögen gehören würden, wenn er selbst der Eigentümer wäre (fiktives Anlagevermögen).

Umstritten ist die gewerbesteuerliche Hinzurechnung für den Mietzins für eine kurzfristig angemietete Messestandfläche. Im Streitfall hat das Finanzgericht die Hinzurechnung verneint.

"1. Die von einem Unternehmen, dessen Geschäftsgegenstand die Herstellung, der Vertrieb und die Montage von Markisen sowie von Bauelementen aller Art ist, anlässlich der Teilnahme an einer Fachmesse für die Standfläche entrichtete Miete ist nicht als Entgelt für die Überlassung unbeweglicher Wirtschaftsgüter dem Gewinn bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzuzurechnen.

Gemietete Messestandflächen stellen keine fiktiven unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dar, wenn der Geschäftsgegenstand des Ausstellers es nicht gebietet, ein derartiges Wirtschaftsgut ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb vorzuhalten (……).

Dieses Erfordernis besteht jedenfalls dann nicht, wenn durch eine Nichtteilnahme an der Messe die gewerbliche Tätigkeit eines Unternehmens nicht maßgeblich beeinflusst wird."

Anmerkung:
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Die höchstrichterli- che Entscheidung bleibt abzuwarten.
FG Düsseldorf, Urteil vom 29.1.2019 10 K 2717/17 G, Zerl – Revision eingelegt; Az.BFH: III R 15/19 (EFG 2019 S. 544)


















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