Mandanten-Rundschreiben 07/2020 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

10.06. 2020




Allgemeines
Entwurf eines Corona – Steuerhilfegesetzes

Zur Bewältigung der Corona-Krise wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen in der Corona-Krise veröffentlicht (Corona-Steuerhilfegesetz).

Danach sollen in einem ersten Schritt besonders betroffene Akteure durch eine Liquiditätsverbesserung und steuerliche Entlastungen u.a. durch folgende Regelungen unterstützt werden:
> Der Umsatzsteuersatz soll für nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Juli 2021 erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen – mit Ausnahme der Abgabe von Getränken – von 19 Prozent auf 7 Prozent abgesenkt werden.
> Entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung sollen die bisher steuerpflichtigen Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld vorübergehend bis 80% des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III steuerfrei gestellt werden.

Diese Regelung soll für Lohnzahlungszeiträume gelten, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Januar 2021 enden.
BMF vom 30.4.2020: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfs.maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz)

Schülerbeschäftigungen und befristete Jobs von Schulabgängern
Aufgrund der bevorstehenden Sommerferien hat die Deutsche Renenversicherung Bund eine umfangreiche Sonderausgabe mit Beispielen über die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Schülerbeschäftigungen/Schulabgängern aufgelegt. In diesem Zusammenhang ist auf eine zeitlichbefristeteRegelung hinzuweisen.

Kurzfristige Aushilfsbeschäftigungen von Schülern sind in der Kranken-, Pflege-und Rentenversicherung versicherungsfrei. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt grundsätzlich vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist und – sofern das monatliche Arbeitsentgelt 450 € übersteigt – nicht berufsmäßig ausgeübt wird.

Diese Zeitgrenzen für eine kurzfristige Beschäftigung werden übergangsweise für den Zeitraum vom 1. März 2020 bis 31. Oktober 2020 auf 5 Monate bzw. 115 Arbeitstage erhöht.
"Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutzpaket) vom 27.3.2020 – BGBl. I S. 575" Ferienjobs und Corona (Ausgabe 2/2020 summa summarum Deutsche Rentenversicherung Bund Sonderausgabe 2020-Ferienjobs)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Spekulationsgewinn bei Verkauf einer Eigentumswohnung mit häuslichem Arbeitszimmer?

Einerseits führen nach § 23 EStG Gewinne aus privaten Ver.äußerungsgeschäften bei Grundstücken zur Besteuerung, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt (sog. Spekulationsgewinn).

Andererseits gilt dies nicht, wenn das Grundstück zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.
Streitig ist, wie das häusliche Arbeitszimmer im Rahmen eines Veräußerungsgeschäfts zu behandeln ist. Hier werden sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten.

Ein Finanzgericht hat diese Rechtsfrage wie folgt entschieden: "Bei Verkauf einer selbstgenutzten Eigentumswohnung inner.halb der zehnjährigen Spekulationsfrist ist der Veräußerungsgewinn grundsätzlich auch dann in vollem Umfang gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG steuerfrei, wenn ein untergeordneter Teil der Wohnung im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit als häusliches Arbeitszimmer genutzt wird." Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen, da die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat und die Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.2019 – 5 K 338/19; Revision eingelegt, Az. BFH: IX R 27/19 (DStRE 2020 S. 396)

Krankheitskosten aufgrund eines Wegeunfalls als Werbungskosten
Nach der gesetzlichen Regelung sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 EStG.

Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale in Abhängigkeit von der Entfernung zwischen Wohnung und dieser Tätigkeitstätte anzusetzen.

Mit dieser Entfernungspauschale sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Nach der Rechtsprechung fallen auch außergewöhnliche Kosten, z.B. Unfallkosten, unter diese Abgeltungswirkung. Die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale umfasst nach einem aktuellen Urteil jedoch nur berufliche Mobilitätskosten, nicht jedoch Krankheitskosten aufgrund eines Wegeunfalls:
"Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beseitigung oder Linderung von Körperschäden, die durch einen Unfall auf einer beruflich veranlassten Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eingetreten sind, können gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden.
Sie werden von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale nicht erfasst. Diese erstreckt sich nur auf fahrzeug-und wegstreckenbezogene Aufwendungen."
BFH-Urteil vom 19.12.2019 – VI R 8/18 (DB 2020 S. 701)

Gewerbesteuer
Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags?

Bei einer GmbH & Co. KG, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, wird wegen der sog. erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags keine Gewerbesteuer erhoben (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG).

Diese Vorschrift ist immer wieder streitanfällig, denn die erweiterte Kürzung ist nicht zu gewähren, wenn die Gesellschaft nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet.
Dies kann zu gravierenden Folgen bei der Aufnahme von an.deren, ggf. sehr geringfügigen Tätigkeiten führen, wie nachfolgendes Urteil deutlich zeigt:
"Eine grundstücksverwaltende GmbH & Co. KG kann die erweiterte Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht in Anspruch nehmen, wenn neben den Umsätzen aus der Grundstücksverwaltung andere gewerbliche Gewinne, die im Verhältnis zu den Grundstücksverwaltungsumsätzen untergeordnet sind, erzielt werden, auch wenn die andere gewerbliche Tätigkeit im Ergebnis der gemeinnützigen Unterstützung eines ortsansässigen Vereins dient."

Im diesem Fall standen in den Streitjahren jeweils Erlöse aus der Grundstücksverwaltung von mehr als 610 T € Einnahmen aus der Teilnahme an einem Weihnachtsmarkt von lediglich 7-8T gegenüber; außerdem spendete die Gesellschaft die verbleibenden Reinerlöse aus dem Weihnachtsmarkt.
FG Münster, Urteil vom 21.1.2020 – 6 K 1384/18 G, F – Revision eingelegt, Az. BFH: IV R 6/20 (EFG 2020 S. 539)

Umsatzsteuer
Gemischt genutzte Gegenstände Zuordnung zum umsatzsteuerlichen Unternehmen

Wie für bewegliche Wirtschaftsgüter besteht auch z.B. für Gebäude (Grundstücke), die teilweise unternehmerisch, teilweise privat genutzt werden, ein Wahlrecht hinsichtlich des Umfangs der Zuordnung (vollumfänglich, anteilig oder gar nicht) zum umsatzsteuerrechtlichen Unternehmensvermögen.

Nach bisheriger Rechtsprechung setzt der Vorsteuerabzug nach § 15 UStG aus der Anschaffung oder Herstellung gemischt unternehmerisch und privat genutzter Gegenstände voraus, dass der Unternehmer eine Entscheidung über den Umfang der Zuordnung der Gegenstände zum umsatzsteuerlichen Unternehmen trifft und dies spätestens bis zum Ablauf der allgemeinen gesetzlichen Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung nachvollziehbar dokumentiert (vgl. "Sonstige Termine 31.07.2020" und 7/2019).
Jetzt äußert der Bundesfinanzhof (BFH) Zweifel, ob das Unionsrecht einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, nach der im Falle eines Zuordnungswahlrechtes beim Leistungsbezug der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, wenn bis zum Ablauf der genannten gesetzlichen Frist die Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt nicht getroffen wurde. Zu dieser Frage hat der BFH den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen.

Zwar gehe das Unionsrecht ausdrücklich von einer "Zuordnung" von Gegenständen aus. Es enthalte jedoch keine näheren Regelungen hierzu.
Mit einem Vorabentscheidungsersuchen soll auch geklärt werden, welche Rechtsfolgen eine nicht (rechtzeitig) getroffene Zuordnungsentscheidung hat.
Sollte der EuGH die bisherige (nationale) Regelung als zu restriktiv ansehen, würde das die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs bei unternehmerischer Tätigkeit und sog. gemischter Nutzung erleichtern.
BFH-Pressemitteilung Nr. 5/2020 vom 30.1.2020 (DB 2020 M 14)

Umsatzsteuer auf Geldspielautomatenumsätze
Die Steuerbarkeit und Steuerpflicht von Umsätzen aus dem Btrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit war nach neuerer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs immer noch umstritten und mehrfach vor dem BFH anhängig (vgl. 7/2019).

Der BFH hat jetzt durch drei Urteile bestätigt, dass die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit (Glücksspiel mit Geldeinsatz) umsatzsteuerbar sind. Der Aufsteller von Geldspielautomaten kann sich nicht auf eine Steuerbefreiung nach Unionsrecht berufen.

Da aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften bei Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit die Automaten technisch so eingestellt sind, dass ein bestimmter Prozentsatz der Spieleinsätze als Gewinn an die Spieler ausgezahlt wird, besteht die vom Betreiber tatsächlich erhaltene Gegenleistung nur in dem Teil der Umsätze, über die er selbst verfügen kann.
BFH-Urteil vom 11.12.2019 – XI R 13/18 (DStR 2020 S. 784) BFH-Urteil vom 11.12.2019 – XI R 23/18 (BFH-NV 2020 S. 615) BFH-Urteil vom 11.12.2019 – XI R 26/18 (BFH-NV 2020 S. 616)

Verzicht auf Steuerbefreiung einer Grundstückslieferung
Grundsätzlich sieht das Umsatzsteuergesetz vor, dass Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, steuerfrei sind (§ 4 Nr. 9a UStG). Dadurch soll eine steuerliche Doppelbelastung mit Umsatz-und Grunderwerbsteuer vermieden werden.

Das Gesetz lässt jedoch einen Verzicht auf die Steuerbefreiung zu, wenn der Umsatz für einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird (§ 9 Abs. 1 UStG). Diese Option eröffnet dem erwerbenden Unternehmer die Möglichkeit, die Vorsteuer geltend zu machen.

Der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung einer Lieferung eines Grundstücks kann (außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens) nur in dem dieser Grundstückslieferung zu Grunde liegenden notariell zu beurkundenden Vertrag (§ 311b Abs. 1 BGB) erklärt werden (§ 9 Abs. 3 Satz 2 UStG).
Im einem Streitfall ging es nicht um den Verzicht selbst, sondern um den notariell beurkundeten Widerruf des Verzichts, der nach Änderung der Interessenlage der Erwerberin später erklärt wurde.

Das Finanzgericht entschied entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung: "Ist im notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag auf die Umsatzsteuerbefreiung für die Grundstückslieferung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet worden, kann dieser Verzicht nachträglich bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft (Unabänderbarkeit) der Umsatzsteuerfestsetzung rückgängig gemacht werden (gegen Abschn. 9.2 Abs. 9 Satz 3 UStAE); dem stehen weder § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG noch Unionsrecht entgegen."
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.8.2019 -1 K 3115/18, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 22/19 (EFG 2020 S. 168)



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