Mandanten-Rundschreiben 10/2015 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

01.10. 2015



Allgemeines
Änderungen bei der Mindestlohndokumentation

Im Rahmen der Regelung eines allgemeinen Mindestlohns zum 1.1.2015 wurden zahlreiche Dokumentationspflichten eingeführt (vgl. 11/2014). Jetzt wurde eine neue, teilweise erweiterte Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung (MiLoDokV)  erlassen.

Bislang entfallen die Aufzeichnungspflichten (nur) für Beschäftigte, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt brutto 2.958 € überschreitet (vgl. 3/2015).

Jetzt wird diese Einkommensgrenze in der Weise ergänzt, dass die Aufzeichnungspflicht nach dem Mindestlohngesetz auch dann entfällt, wenn das verstetigte regelmäßige Monatsentgelt mehr als 2.000 € brutto beträgt, und der Arbeitgeber nachweislich dieses Monatsentgelt für die letzten vollen 12 Monate gezahlt hat.

Die Aufzeichnungspflichten gelten außerdem nicht mehr für Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers.

Anwendung:
Die neue Verordnung tritt am 1.8.2015 in Kraft. Gleichzeitig tritt die MiLoDokV vom 18.12.2014 (vgl. 3/2015) außer Kraft.
Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung vom 29.7.2015 – MiLoDokV (Bundesministerium für Arbeit und Soziales - BAnz. AT 31.07.2015 V1)

Einkommensteuer - Körperschaftsteuer
Verlustabzug  bei Körperschaften
bei gleichgerichteten Interessen mehrerer Erwerber
Werden Anteile an Kapitalgesellschaften übertragen, droht der Untergang von Verlustvorträgen.
Anteilsübertragungen von mehr als 25% bis 50% innerhalb von 5 Jahren sind mit einem quotalen Untergang des Verlustabzugs verbunden, bei Anteilsübertragungen von  mehr als 50% innerhalb von 5 Jahren wird ein Verlustabzug völlig versagt.

Diese Regelung drängt die Variante auf, dass vier Erwerber jeweils 25% der Anteile übernehmen (sogenannte Quartett-Lösung).

Nach den gesetzlichen Vorgaben gilt aber auch eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen als ein Anteilserwerber im gesetzlichen Sinne.

In einem Streitfall hatten drei Erwerber jeweils unter 25% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft erworben, das Finanzamt versagte dennoch den Verlustabzug mit dem Hinweis auf 2 gleichgerichtete Interessen".

Dem widersprach das Finanzgericht, das im nicht rechtskräftigen Urteil eine Beherrschung als maßgebendes Kriterium für erforderlich hält:
"Eine Gruppe mit gleichgerichteten Interessen liegt dann vor, wenn mehrere Erwerber bei und im Hinblick auf den Erwerb von Anteilen an einer Verlustgesellschaft zusammenwirken und diese Gruppe im Anschluss an den Erwerb durch verbindliche Abreden einen beherrschenden einheitlichen Einfluss ausüben kann. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der Erwerbszeitpunkt."

In der Begründung des Urteils wird zum Thema "Beherrschung" auf Stimmbindungsvereinbarungen, Konsortialverträge oder andere verbindliche Abreden verwiesen.
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 26.2.2015 – 6 K 424/13; Revision eingelegt - Az BFH I R 30/15 (BB 2015 S. 1441)

Ausfall einer privaten Darlehensforderung  Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen?
Nach Ansicht der Finanzverwaltung sind Verluste aus dem Ausfall von privaten Kapitalforderungen nicht als Veräußerungsvorgänge i.S. des § 20 Abs. 2 EStG anzuerkennen.

Diese Auffassung hat ein Finanzgericht bestätigt. Danach kann der Totalausfall einer privaten Darlehensforderung infolge einer Insolvenz des Darlehensnehmers nicht als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.

Gegen das Urteil wurde jedoch Revision eingelegt, die das Finanzgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen hat.

Es bleibt abzuwarten, ob der BFH hier zu einem für die Darlehensgeber günstigeren Ergebnis kommt.
FG Düsseldorf, Urteil vom 11.3.2015 – 7 K 3661/14 E; Revision eingelegt - Az BFH: VIII R 13/15 ( BB 2015 S.1639)

Veräußerungsgewinn beim Ausscheiden eines Kommanditisten
"Scheidet ein Kommanditist gegen Entgelt aus einer KG aus, ist ein von ihm nicht auszugleichendes negatives Kapitalkonto bei der Berechnung seines Veräußerungsgewinns in vollem Um- fang zu berücksichtigen. Es kommt nicht darauf an, aus welchen Gründen das Kapitalkonto negativ geworden ist."

Im Streitfall handelte es sich um eine im Bereich von Vermögensanlagen sehr häufig anzutreffende Kommanditgesellschaft mit einer Vielzahl von Kommanditisten als Kapitalanleger, bei der trotz realisierter Verluste Ausschüttungen an die Gesellschafter aus abschreibungsbedingt vorhandener Liquidität erfolgt sind.

Im Einzelnen stellten sich die Daten für die Beteiligung wie folgt dar:

Gezeichneter Kommanditanteil 100.000,00 €
zuzüglich 5% Agio 5.000,00 €
105.000,00 €
abzüglich  zugewiesene Verluste/Gewinne
-75.377,64 €
29.622.36 €
abzüglich vorgenommene "Ausschüttungen"
- 77.903,41 €
ergibt negatives Kapital
- 48.281,05 €
erhaltenes Entgelt (Auseinandersetzungsguthaben)
23.192,00 €
Steuerpflichtiger  Veräußerungsgewinn
71.473,05 €

Im Streitfall wurde dieser Gewinn der Besteuerung unterworfen, weil der Kommanditist mit keiner Haftungsinanspruchnahme rechnen musste.

Der Bundesfinanzhof hat damit einem anderslautenden Urteil eines Finanzgerichts widersprochen (vgl. 2/2013 mit Hinweis auf die zivilrechtlichen Risiken).
BFH-Urteil vom 9.7.2015 – IV R 19/12 (DStR 2015 S. 1859)

Einkünfte aus Vermietung
Schuldzinsen als  nachträgliche Werbungskosten

Die Finanzverwaltung hat in einem umfangreichen Schreiben, basierend auf höchstrichterlicher Rechtsprechung, zur Frage der Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten aktuell Stellung genommen.

Nachfolgend die wesentlichen Grundsätze:

Grundstücksveräußerung
Schuldzinsen für die Finanzierung von Anschaffungskosten/ Herstellungskosten eines vermieteten Grundstücks können nach dessen Veräußerung als nachträgliche Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös getilgt werden  können.

Analoges gilt bei Schuldzinsen für die Finanzierung von Werbungskosten.

Dies gilt aber in beiden vorstehenden Fällen nicht für bezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen. Diese stellen keine Werbungskosten dar, können aber gegebenenfalls als Veräußerungskosten bei privaten Veräußerungsgeschäften innerhalb der Spekulationsfrist (§ 23 EStG) berücksichtigt werden.

Einkünfteerzielungsabsicht
Schuldzinsen, die in der Zeit nach Aufgabe der   Einkünfteerzielungsabsicht vor der Veräußerung des Mietobjekts gezahlt werden, können nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Hinweis:
Zum zeitlichen Anwendungsbereich enthält das Schreiben detaillierte Regelungen.
Schreiben des BdF vom 27.7.2015 – IV C 1 – S 2211/11/10001 (BStBl 2015 Teil I S. 581)

Aufwendungen für Vertragsarztzulassung
Abschreibung

Ein in eine ärztliche Gemeinschaftspraxis eingetretener Arzt, der noch nicht über eine Vertragsarztzulassung verfügte, bezahlte an einen zu diesem Zeitpunkt aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt, der seine Vertragsarztzulassung zurückgab, quasi ein Entgelt für die "Unterstützung bei der  Vertragsarztzulassung".


Der ausscheidende Vertragsarzt konnte seine Zulassung nicht übertragen. Er konnte lediglich positiv darauf hinwirken, dass der Zulassungsausschuss die Vertragsarztzulassung einem von ihm favorisierten Nachfolger zukommen lässt.

In diesem Fall stellte sich die Frage der steuerlichen Behandlung des für eine solche "Unterstützung" bezahlten Entgelts.

Nach der Meinung eines Finanzgerichts stellt das Entgelt Anschaffungskosten für den Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts (nicht aber eines ideellen Praxiswerts) dar, die über die gesamte voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben sind.

Die Kassenzulassung endete im Streitfall nach den Bestimmungen mit Vollendung des 68. Lebensjahres des Arztes. Das bezahlte Entgelt verteilte das Gericht daher auf eine Abschreibungsdauer von rd. 23 Jahren.

Das Finanzgericht ließ die Revision zu wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, ob das entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgut "Vertragsarztzulassung" abschreibungsfähig ist.

Anmerkung:
Strittig sind auch die Fragen, ob überhaupt ein gesondertes Wirtschaftsgut vorliegt und ob das Entgelt nicht analog zum Praxiswert auf eine kürzere Nutzungsdauer zu verteilen ist.
FG Nürnberg, Urteil vom 23.9.2014 – 1 K 1894/12; Revision - Az BFH VIII R 56/14 (kösdi 2015 S. 19266)

Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb
Nach § 35 EStG wird die tarifliche Einkommensteuer bei Einkünften aus Gewerbebetrieb um das 3,8-fache des Gewerbesteuermessbetrags, maximal aber um die tatsächlich bezahlte Gewerbesteuer gekürzt.

In einem anhängigen Verfahren zu dieser Thematik war streitig, ob bei mehreren Beteiligungen an Gewerbebetrieben die Minderung personenbezogen oder betriebsbezogen zu ermitteln ist.

Vereinfacht lagen folgende Daten vor
Gewerbebetrieb 1: 3,8-fach 780 T€ - bezahlte GewSt 640 T€
Gewerbebetrieb 2: 3,8-fach 280 T€ - bezahlte GewSt 350 T€
Gesamt    1.060 T€                                                  990 T€

Bei einer personenbezogenen Beurteilung ergibt sich eine Kürzung von 990 T€.

Bei einer betriebsbezogenen Betrachtung ergibt sich hingegen nur eine Kürzung von 920 T€ (640 + 280).

Das Finanzgericht sprach sich im nicht rechtskräftigen Urteil für die betriebsbezogene Betrachtung aus.
FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.10.2014 – 5 K 115/12; Revision - Az BFH: X R 12/15 (Der Konzern 2015 S. 282)

Erbschaftsteuer - Schenkungsteuer
Bewertung eines Wertpapierdepots Fondsanteile

Anteile oder Aktien, die Rechte an einem Investmentvermögen i.S. des Kapitalanlagegesetzbuchs verbriefen, sind nach § 11 Abs. 4 BewG mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

Nach einem nicht rechtskräftigen Urteil eines Finanzgerichts sind vorstehende Wertpapiere, die Rechte der Anleger (Anteilsinhaber) gegen eine Kapitalgesellschaft oder einen sonstigen Fonds verbriefen (Anteilsscheine), ausnahmslos mit dem Rücknahmepreis anzusetzen.

Eine abweichende Bewertung kommt selbst dann nicht in Betracht, wenn die Fondsanteile am betreffenden Stichtag an der Börse mit einem geringeren Kurs gehandelt werden.

Gegen die Entscheidung wurde die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
FG Münster, Urteil vom 15.1.2015 – 3 K 1997/14 Erb (DStZ 2015 S. 359)



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