Mandanten-Rundschreiben 10/2020 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

05.10. 2020



Allgemeines
Geplante Gesetzesänderungen zur steuerlichen Entlastung von Familien


Nach dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sollen u.a. folgende Freibeträge und das Kindergeld erhöht werden:
Erhöhung des Grundfreibetrags und des Höchstabzugs von Unterhaltsleistungen
– ab 2021 auf 9.696 € (bisher 9.408 €)
– ab 2022 auf 9.984 €. Anhebung des Kinderfreibetrags (je Elternteil/für Ehegatten)
– ab 2021 auf 2.730 €/5.460 € (bisher 2.586 €/5.172 €)

Anmerkung: Der Betreuungsfreibetrag erhöht sich gleichzeitig auf
1.464 € /2.928 € (bisher 1.320 €/2.640 €).
Erhöhung des Kindergelds ab 1.1.2021 für jedes Kind um 15 € für das 1. und 2. Kind auf jeweils 219 €  für das 3. Kind auf 225 € für das 4. und jedes weitere Kind auf je 250 €.

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen -"Zweites Familien.entlastungsgesetz – 2. FamEntlastG" vom 20.07.2020 (Pressemitteilung des BMF vom 29.07.2020)

Förderung von Ausbildungsplätzen "Ausbildungsplätze sichern"
Am 1. August 2020 ist das Bundesprogramm "Ausbildungsplätze sichern" gestartet. Mit dem Programm soll verhindert werden, dass die Corona-Krise zu einer Krise für die berufliche Zukunft junger Menschen wird.

Ausbildungsbetriebe und ausbildende Einrichtungen werden durch Zuschüsse gefördert. Mit der Förderung sollen folgende Ziele erreicht werden:
Ausbildungsplätze erhalten
(Ausbildungsprämie) zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen
(Ausbildungsprämie plus)
Kurzarbeit für Auszubildende vermeiden
(Zuschuss zur Ausbildungsvergütung)
Übernahme von Auszubildenden bei Insolvenzen fördern
(Übernahmeprämie).
Für die Förderung kommen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit maximal 249 Beschäftigten in Betracht, die eine Berufsausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen oder in den bundes-und landesrechtlich geregelten praxisinternen Ausbildungen im Gesundheits-und Sozialwesen durchführen und in erheblichem Umfang von der Corona-Krise betroffen sind.

Über die Anträge wird nach der Reihenfolge des Antragseingangs entschieden. Ein Anspruch besteht nicht. Die entsprechenden Antragsunterlagen für das Programm, welches nach derzeitigem Stand am 30. Juni 2021 endet, stehen auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung.
Erste Förderrichtlinie für das Bundesprogramm "Ausbildungsplätze sichern" vom 29.7.2020 (Bundesanzeiger vom 31.07.2020)

Obliegenheiten des Arbeitgebers Verfall von Urlaubsansprüchen
Die laufende Urlaubs-Hochsaison geht zu Ende. Zu den verbleiben.den (Rest-)Urlaubsansprüchen ist an die wesentlichen Grundsätze der Rechtsprechung in aller Kürze zu erinnern (vgl. 4/2019).

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat.
Dem Arbeitgeber obliegt die Initiativlast für die Verwirklichung des (Rest-)Urlaubsanspruchs. Der Arbeitgeber hat seine Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen (Schriftform empfehlenswert) klar und rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass der Urlaubsanspruch am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht beantragt.
BAG-Urteil vom 19.2.2019 -9 AZR 541/15 (DStR 2019 S. 1213)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Praxisveräußerung bei freiberuflicher Tätigkeit

Eine steuerbegünstigte Veräußerung (Freibetrag/ermäßigte Besteuerung) liegt vor, wenn die für die Ausübung wesentlichen Betriebsgrundlagen – insbesondere auch der Mandantenstamm/Patientenstamm und der Praxiswert – entgeltlich auf einen anderen übertragen werden.

Die freiberufliche Tätigkeit muss im bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit eingestellt werden. Eine Fortführung der Tätigkeit in geringem Umfang ist dabei unschädlich.

Die Fortführung einer freiberuflichen Tätigkeit erfolgt in geringem Umfang, wenn die darauf entfallenden Umsätze in den letzten 3 Jahren weniger als 10% der gesamten Einnahmen ausmachten.

Abweichend von der bisherigen Auffassung wird nunmehr – intern bundeseinheitlich abgestimmt – von der Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass die Hinzugewinnung neuer Mandanten/Patienten im Rahmen o.g. geringfügiger Tätigkeit unschädlich ist.
BFH -Beschluss vom 11.2.2020 – VIII B 131/19 (DStR 2020 S. 486) FinMin. Sachsen-Anhalt, Erlass vom 14.05.2020 – 45-S 2242-85 (DB 2020 S. 1372)

Besteuerung gesetzlicher Renten verfassungswidrig?
Die Besteuerung von Leibrenten ist aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 30.9.2015 (2 BvR 1066/10, HFR 2016, 72) neu geregelt worden.

Umstritten ist, ob bei der jetzt geltenden Regelung der Rentenbesteuerung eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliegt.

Eine Doppelbesteuerung liegt vor, wenn und soweit Beiträge in eine Altersversorgung aus versteuertem Einkommen finanziert worden sind und die späteren Rentenzahlungen nochmals der Besteuerung unterliegen.

Rechnerisch liegt eine Doppelbesteuerung dann vor, wenn im Ergebnis die dem Steuerpflichtigen aufgrund seiner durchschnittlichen weiteren statistischen Lebenserwartung voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge geringer sind als die von ihm aus versteuertem Einkommen bezahlten Altersvorsorgeaufwendungen.

Zwischenzeitlich haben zwei Finanzgerichte entsprechende Klagen wie folgt entschieden: Das Hessische Finanzgericht hat u.a. ausgeführt, dass bei der Prüfung und Berechnung, ob eine Doppelbesteuerung vorliegt, wegen der vielen Unwägbarkeiten bei der Ermittlung eine geringfügige Überbesteuerung hinzunehmen ist. Im betreffenden Fall wurde eine Überbesteuerung von 20% als geringfügig (unschädlich) angesehen.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg kam zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer verfassungswidrigen doppelten Besteuerung im Streitfall nicht gegeben waren.

Anmerkung: Bei beiden Urteilen wurde Revision eingelegt; die Verfahren sind beim BFH anhängig, so dass die Einkommensteuerbescheide offengehalten werden können.
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.10.2019 -8 K 3195/16 Revision eingelegt – Az. BFH: X R 33/19 (EFG 2020 S. 116) Hessisches FG, Urteil vom 28.5.2018 – 7 K 2456/14 Revision eingelegt – AZ. BFH: X R 20/19 (EFG 2020 S. 191)

Gewerbesteuer
Zur Frage der Gewerblichkeit eines externen Datenschutzbeauftragten

In einem Rechtsstreit ging es um die Frage, welchen Einkünften die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter zuzuordnen ist.

Im Streitfall war ein selbständiger Rechtsanwalt im Bereich IT-Recht tätig. Neben dieser Tätigkeit arbeitete der Anwalt als externer Datenschutzbeauftragter für verschiedene Unternehmen. Dabei war er jeweils als Datenschutzbeauftragter für das Unternehmen bestellt.

Das Finanzamt ordnete die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten als gewerblich ein und setzte jeweils Gewerbesteuermessbeträge fest. Das Finanzgericht und letztendlich der BFH bestätigten diese Auffassung.

Ein externer Datenschutzbeauftragter übt auch dann, wenn er zugleich als Rechtsanwalt tätig ist, keinen sogenannten freiberuflichen Katalogberuf aus. Auch ist diese Tätigkeit dem Beruf eines Rechtsanwalts nicht ähnlich, da sie ohne akademische Ausbildung ausgeübt werden kann. Die Tätigkeit stellt in Abgrenzung zur Tätigkeit als Rechtsanwalt einen völlig eigenständigen und neuen Beruf dar.

Konsequenterweise sollten in solchen oder ähnlichen Fällen die Buchhaltungen der beiden Tätigkeiten getrennt werden. Im Falle freiberuflicher Personengesellschaften ist auch darauf zu achten, dass die gewerbliche Infektion der freiberuflichen Tätigkeit vermieden wird, z.B. durch Auslagerung auf eine Schwesterpersonengesellschaft.
BFH-Urteil vom 14.1.2020 – VIII R 27/17 (BStBl. 2020 Teil II S. 222)

Umsatzsteuer
Vermietung Homeoffice an Arbeitgeber Vorsteuerabzug

Die Verbreitung des Homeoffice hat sich – u.a. auch im Zusammenhang mit Corona – erhöht.

Vermietet der Arbeitnehmer sein Arbeitszimmer/Homeoffice an den Arbeitgeber, liegen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor, wenn das Arbeitszimmer/Homeoffice vorrangig im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers genutzt wird (vgl. 7/2019).

Vermietet der Arbeitnehmer im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers eine Einliegerwohnung als Homeoffice an seinen Arbeitgeber für unternehmerische Zwecke zuzüglich Umsatzsteuer, kann er anfallende Renovierungskosten grundsätzlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer steuerlich geltend machen.

In einem aktuellen Urteil hat der BFH hierbei jedoch Grenzen gesetzt:
"1. Bei Aufwendungen zur Renovierung eines an den Arbeitgeber vermieteten Homeoffice besteht der für den Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang mit den Vermietungsumsätzen, soweit das Home-Office beruflich genutzt wird.

2. Im Fall einer Bürotätigkeit kann sich die berufliche Nutzung des Homeoffice auch auf einen Sanitärraum erstrecken, nicht jedoch auf ein mit Dusche und Badewanne ausgestattetes Badezimmer."

Anmerkung: Die Handwerkerleistungen hinsichtlich des Badezimmers im Homeoffice betrugen im Streitfall rd. 26 T€ und das Badezimmer des Homeoffice verfügte über eine ähnlich gehobene Ausstattung wie das Badezimmer in der privaten Wohnung.
BFH-Urteil vom 7.5.2020 – V R 1/18 (DB 2020 S. 1661)

Lohnsteuer
Gewährung von Zusatzleistungen Zulässigkeit von Gehaltsumwandlungen

Diverse Steuervergünstigungen erfordern, dass Leistungen des Arbeitgebers "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" gewährt werden müssen.

Die Finanzverwaltung hat auf eine Rechtsprechungsänderung (vgl. 1/2020) reagiert. Im Vorgriff auf eine Gesetzesänderung wird für alle noch offenen Fälle bestimmt, dass Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" erbracht werden, wenn nachstehende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
– Die Leistung wird nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn an.gerechnet.
– Der Anspruch auf Arbeitslohn wird nicht zugunsten der Leis.tung herabgesetzt.
– Die verwendungs-oder zweckgebundene Leistung wird nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt.
– Der Arbeitslohn wird bei Wegfall der Leistung nicht erhöht.
Steuerbegünstigt sind somit nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers.
BdF-Schreiben vom 5.2.2020 – IV C 5 -S 2334/19/10017: 002 (BStBl 2020 Teil I S. 222)



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