Mandanten-Rundschreiben 10/2021 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

14.09. 2020



Allgemeines
Verzinsung Steuernachforderungen und -erstattungen Zinssatz von 6% verfassungswidrig

Die Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes von 0,5% für jeden vollen Monat, mithin 6% jährlich (§ 233a, § 238 AO) für Steuernachzahlungen nach Ablauf einer Karenzzeit von 15 Monaten war schon länger fraglich (vgl. 5/2018, 7/2018).

Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab 1. Januar 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5% zugrunde gelegt wird.

Die Unvereinbarkeit der Verzinsung beschränkt sich nicht nur auf Nachzahlungszinsen, sondern umfasst auch Erstattungszinsen. Für Verzinsungszeiträume vom 1. Januar 2014 bis zum 31. De.zember 2018 verbleibt es bei der 6%-igen Verzinsung, ohne dass der Gesetzgeber verpflichtet wäre, auch für diesen Zeitraum rückwirkend eine verfassungsgemäße Regelung zu schaffen.

Erst für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Verzinsung neu zu regeln. Diese Neuregelung ist vom Gesetzgeber bis zum 31. Juli 2022 zu treffen; sie gilt rückwirkend für alle Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019.
BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 2021 – 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17 (Pressemitteilung Nr. 77/2021 vom 18.8.2021)


Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Kein Spekulationsgewinn bei Verkauf einer Eigentumswohnung mit häuslichem Arbeitszimmer

Streitig war zuletzt, wie das häusliche Arbeitszimmer im Rahmen eines Veräußerungsgeschäfts zu behandeln ist (vgl. 7/2020).

Der Bundesfinanzhof hat bei der Revision wie folgt entschieden: "Wird eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert, ist der Veräußerungsgewinn auch insoweit gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen, als er auf ein zur Erzielung von Überschusseinkünften genutztes häusliches Arbeitszimmer entfällt (entgegen BMF v. 5.10.2000 – IV C 3 -S 2256 -263/00, BStBl. I 2000, 1383)."

Ergänzend ergibt sich aus der Urteilsbegründung, dass ein Gebäude auch dann zu eigenen Wohnzwecken im Sinne der genannten gesetzlichen Regelung genutzt wird, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Erfasst sind daher auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden.
BFH-Urteil vom 1.3.2021 – IX R 27/19 (DStR 2021 S. 1692)


Ertragsteuerliche Steuerbefreiung für Einkünfte aus kleinen Photovoltaik-Anlagen
Einkünfte aus kleinen Photovoltaikanlagen bis zu einer Leistung von 10 kW (Kilowatt) müssen zukünftig wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr bei der Einkommensteuererklärung angegeben werden.

Dies gilt analog für entsprechende Einkünfte aus Blockheizkraftwerken mit einer Leistung bis zu 2,5 Kilowatt. Betroffen sind Anlagen bei eigengenutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein-und Zweifamilienhäusern einschließlich Außenanlagen (z.B. Garagen), die nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen worden sind. Ein eventuell vorhandenes häusliches Arbeitszimmer ist unbeachtlich.

Gleiches gilt bei nur gelegentlicher Vermietung (z.B. Gästezimmer) mit Einnahmen von maximal 520  im Veranlagungszeitraum. Bei den Anlagen (Photovoltaik/Blockheizkraft) ist auf schriftlichen Antrag der steuerpflichtigen Person aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass diese nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Grundsätzlich liegt bei ihnen eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. Der Antrag wirkt auch für die Folgejahre.

Veranlagte Gewinne oder Verluste (z.B. bei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig durchgeführten Veranlagungen) aus zurückliegenden Veranlagungszeiträumen, die einer Änderung noch zugänglich sind, werden nicht mehr berücksichtigt.

Dem Steuerpflichtigen steht es aber frei, eine Gewinnerzielungsabsicht nachzuweisen. Hinweis: Die Befreiung gilt im Rahmen der Einkommen- und Gewerbesteuer, nicht aber bei der Umsatzsteuer.
BMF-Schreiben vom 2.6.2021 – IV C 6 – S 2240/19/10006 :006 (BStBl 2021 Teil I S. 722)

Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) für das Jahr 2021
Die ursprünglich für das erste und zweite Halbjahr 2021 unterschiedlich festgesetzten Beträge für die Sachentnahmen (vgl. 4/2021) wurden aufgrund der Verlängerung umsatzsteuerlicher Regelungen einheitlich angepasst.

Die Halbjahreswerte vom 1. Januar bis 30. Juni 2021 für eine Person ohne Umsatzsteuer gelten jetzt auch für das zweite Halbjahr vom 1. Juli bis 31. Dezember 2021.
BMF-Schreiben vom 15. 6. 2021 – IV A 8 – S 1547/19/10001:002 (BStBl 2021 Teil I S. 811)

Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungsähnlicher Vorgang?
Eine Problematik der sog. anschaffungsnahen Aufwendungen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung eines Gebäudes (vgl. 9/2021) ergibt sich aus der Entscheidung eines Finanzgerichts:

"Die Entnahme eines Gebäudes aus dem Betriebsvermögen und Überführung in das Privatvermögen ist im Wege der Analogie – ebenso wie die Gleichstellung einer Entnahme oder Einlage mit der Anschaffung i.S. der §§ 7ff EStG – auch bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG als anschaffungsähnlicher Vorgang zu beurteilen."

Danach ist die Entnahme eine Anschaffung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, auf deren Basis die Dreijahresfrist beginnt und die 15%-Grenze berechnet wird.

Wenn diese Auffassung in der Revision durch den BFH bestätigt wird, ist auch in diesem Fall zu beachten, dass bei innerhalb von drei Jahren nach der Entnahme durchgeführten Instandhaltungs-und Modernisierungsmaßnahmen das Überschreiten der 15%-Grenze zu anschaffungsnahen Herstellungskosten und nicht zu sofort abzugsfähigen Werbungskosten führt.
FG Köln, Urteil vom 25.2.2021 – 11 K 2686/18 Revision eingelegt, Az. BFH: IX R 7/21 (BB 2021 S. 1711)

Betriebsausgabenabzug von Bewirtungsaufwendungen aus geschäftlichem Anlass
Die steuerliche Anerkennung des Betriebsausgabenabzugs von Aufwendungen für Bewirtung in einem Bewirtungsbetrieb erörtert ein neu gefasstes BMF-Schreiben mit entsprechend bürokratischem Aufwand (damit wird das bisherige BMF-Schreiben vom 21.11.1994, BStBl. 1994 I, S.855 ersetzt).

Nachfolgend nur stichwortartige Anmerkungen zu einzelnen Positionen aus dem Schreiben:

Inhalt der Bewirtungsrechnung
– Vollständiger Name und Anschrift des leistenden Unternehmers (z.B. Hotel) mit Steuer-Nr. oder USt-IdNr.

– Ausstellungsdatum, fortlaufende Rechnungs-Nr., Tag der Bewirtung, Rechnungsbetrag (ggf. zusätzlich gewährtes Trinkgeld, vom Empfänger quittiert)

– Bewirtungsleistungen sind im Einzelnen zu bezeichnen; die Angabe "Speisen und Getränke" und die Angabe der für die Bewirtung in Rechnung gestellten Gesamtsumme reichen für einen Betriebsausgabenabzug nicht aus

– Name des Bewirtenden, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung Erstellung der Bewirtungsrechnung

Verwendet der Bewirtungsbetrieb ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion, werden für den Betriebsausgabenabzug nur maschinell erstellte, elektronisch aufgezeichnete und mit Hilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) abgesicherte Rechnungen anerkannt.

Der bewirtende Steuerpflichtige kann im Allgemeinen auf die Ordnungsmäßigkeit der erstellten Rechnung vertrauen, wenn der ausgestellte Beleg mit einer Transaktionsnummer, der Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder der Seriennummer des Sicherheitsmoduls versehen wurde. Werden Bewirtungsrechnungen erst nach dem Tag der Bewirtung in Rechnung gestellt (z.B. bei einer geschlossenen Veranstaltung) und unbar bezahlt, ist die Vorlage des Belegs eines elektronischen Aufzeichnungssystems mit Kassenfunktion nicht erforderlich. In diesem Fall ist der Rechnung der Zahlungsbeleg über die unbare Zahlung beizufügen.


Digitale oder digitalisierte Bewirtungsrechnungen und -belege.
Die vollständige elektronische Abbildung der Nachweisvoraussetzungen ist in dem Schreiben ausführlich dargestellt. Angaben dürfen im Nachhinein nicht undokumentiert geändert werden können.

Anwendung
Soweit die neuen Verwaltungsanweisungen gegenüber dem bisherigen BMF-Schreiben aus 1994 zu erhöhten Anforderungen führen, sind diese verpflichtend erst für Aufwendungen nach dem 1.7.2021 anzuwenden. Für bis zum 31.12.2022 ausgestellte Belege ist der Betriebsausgabenabzug unabhängig von den nach der Kassensicherungsverordnung geforderten Angaben zulässig.
BMF-Schreiben vom 30.6.2021 – IV C 6 – S 2145/19/10003:003 (DStR 2021 S.1658).

Lohnsteuer
Betriebsveranstaltung Ermittlung des Arbeitnehmeranteils

Grundsätzlich gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer anlässlich von sog. Betriebsveranstaltungen (z.B. Weihnachtsfeier).

Die Zuwendungen gehören jedoch insoweit nicht zu den Einkünften als die Zuwendungen für max. zwei Betriebsveranstaltungen jährlich einen Freibetrag von jeweils 110 €  pro teilnehmendem Arbeitnehmer nicht übersteigen und die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebes oder eines Betriebsteils offensteht.

Nach Ansicht eines Finanzgerichts war für die Ermittlung der anteiligen Kosten einer Betriebsveranstaltung die Anzahl der für die Veranstaltung angemeldeten Teilnehmer maßgebend, nicht die Anzahl der tatsächlich anwesenden Mitarbeiter (vgl. 11/2018).

Diese Auffassung hat der Bundesfinanzhof in einem Revisionsverfahren nicht geteilt.
"1. Bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen, ungeachtet dessen, ob sie beim Arbeitnehmer einen Vorteil begründen können.

2. Die danach zu berücksichtigenden Aufwendungen (Gesamt.kosten) des Arbeitgebers sind zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen."
BFH-Urteil vom 29.4.2021 – VI R 31/18 (DB 2021 S. 1645)

Erbschaftsteuer – Schenkungsteuer
Verschonung von Betriebsvermögen

Abzugsbetrag
Zur Verschonung des Betriebsvermögens können diverse Abschläge, u.a. der sog. Abzugsbetrag in Anspruch genommen werden.

Der nach der Anwendung des § 13a Abs. 1 ErbStG verbleibende Teil des begünstigten Vermögens bleibt nach § 13a Abs. 2 ErbStG außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens ins.gesamt 150.000 €  nicht übersteigt (sog. Abzugsbetrag).

Der Abzugsbetrag von 150.000 €  verringert sich, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150.000 €  übersteigt, um 50% des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags, d.h. der Abzugsbetrag wird bei größeren Vermögen abgeschmolzen.

Der Abzugsbetrag kann innerhalb von 10 Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe begünstigten Vermögens nur einmal berücksichtigt werden.

Er ist stets nur für den ersten Erwerb innerhalb des Zehn-Jahreszeitraums zu berücksichtigen. Beim ersten Erwerb wird dieser Abzugsbetrag vollständig verbraucht, auch wenn er sich rechnerisch nur teilweise oder gar nicht ausgewirkt hat. Dies gilt selbst dann, wenn er auf Null  ab.geschmolzen wurde.
BFH-Urteil vom 23.2.2021 – II R 34/19 (DB 2021 S. 1179)



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