Mandanten-Rundschreiben 11/2016 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

05.10. 2016





Allgemeines
Mindestlohn Erhöhung ab dem 1.1.2017

Die Mindestlohnkommission hat einstimmig beschlossen, dass sich der gesetzliche Mindestlohn ab 1.1.2017 auf 8,84 € brutto je Zeitstunde erhöhen soll.

Es ist davon auszugehen, dass die vorgenannte Erhöhung rechtsverbindlich wird.

Bei Arbeitsverhältnissen sind die vertraglichen Vereinbarungen zu überprüfen und die Stundenlöhne ggf. ab 2017 auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erhöhen.

Arbeitsverhältnisse mit sogenannten Mini-Jobs bedürfen ggf. der vertraglichen Anpassung (Reduzierung der Arbeitszeit), damit die weiterhin geltende monatliche 450 €-Grenze nicht überschritten wird.

Bei branchenbezogenen Übergangsregelungen (z.B. in der Land- und Forstwirtschaft oder für Zeitungszusteller(innen) wird der Mindestlohn ab 2017 auf mindestens 8,50 € brutto angehoben.

Ab 2018 gilt der von der Mindestlohnkommission festgesetzte Mindestlohn ohne jede Einschränkung!
Beschluss der Mindestlohnkommission nach § 9 MiLoG vom 28.6.2016

Beitragspflicht einer Sofortrente gegen Einmalbeitrag
Bei einem freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (§ 240 SGB V).

In einem Streitfall geht es um die Frage, ob bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten eine Sofortrente zur Beitragsbemessung in der Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen werden kann. Die monatliche Sofortrente wurde aufgrund einer einmaligen Einzahlung eines hohen Kapitalbetrags in einen privaten Rentenversicherungsvertrag  geleistet.

In einem weiteren Fall ist strittig, ob für die Bemessung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung gleichzeitig eine Kapitalleistung aus einer Kapitallebensversicherung (aus einer vom Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung) und Renteneinkommen aus einer damit finanzierten Sofortrentenversicherung zu berücksichtigen sind.

Nach Ansicht von zwei Landessozialgerichten sind die Sofortrenten in beiden Fällen und die Kapitalleistung aus der Direktversicherung im zweiten Fall bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.

Anmerkung:
Gegen die Urteile ist Revision beim Bundessozialgericht eingelegt worden. Es empfiehlt sich, entsprechende Beitragsbe- scheide anzufechten.
LSG Nordrhein-Westfalen v. 10.12.2015 – L 16 KR 397/14; Revision anhängig Az. BSG: B 12 KR 16/16
LSG Rheinland-Pfalz vom 3.12.2015 L 5 KR 84/15; Revision anhängig Az. BSG: B 12 KR 1/16
Blick ins Sozialversicherungsrecht (DStR 2016, S. 2047)


Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Gesetzentwurf zur steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften

Nach einem aktuellen Gesetzentwurf soll die steuerliche Ver- lustverrechnung (Körperschaft- und Gewerbesteuer) bei Kör- perschaften neu gestaltet werden.

Die Vorschriften sollen rückwirkend zum 1.1.2016 Kraft treten.

Bislang ist in § 8c KStG geregelt, dass nicht genutzte Verluste ganz oder teilweise wegfallen, wenn Anteile einer Körperschaft auf einen Erwerber übertragen werden. Hiernach gehen Verluste bei einem Gesellschafterwechsel innerhalb von 5 Jahren von mehr als 25% quotal bzw. bei einem Wechsel von mehr als 50% vollständig verloren.

Ausnahmen hiervon sind bislang nur vorgesehen im Rahmen einer Stille-Reserven-Klausel oder im Rahmen der sogenannten Konzernklausel.
Nunmehr bietet die Regelung des neuen § 8d KStG alternativ die Möglichkeit, Verluste trotz eines Gesellschafterwechsels nutzen zu können.

Hiernach sollen die verlustvernichtenden Regelungen des § 8c KStG auf Antrag nicht zur Anwendung kommen, wenn sich bei der Körperschaft der Geschäftsbetrieb nicht ändert, sogenannter "fortführungsgebundener Verlustvortrag".

Der Geschäftsbetrieb wird insbesondere dann fortgeführt, wenn sich keine Veränderungen in den angebotenen Dienstleistungen oder Produkten ergeben, der gleiche Kundenkreis beliefert wird und die Gesellschaft sich eines unveränderten Lieferantenkreises  bedient.

Der fortführungsgebundene Verlustvortrag wird nicht aufrecht- erhalten, wenn der Geschäftsbetrieb eingestellt wird oder wenn
1. der Geschäftsbetrieb ruhend gestellt wird,
2. der Geschäftsbetrieb einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt wird,
3. die Körperschaft einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb aufnimmt,
4. die Körperschaft sich an einer Mitunternehmerschaft beteiligt,
5. die Körperschaft die Stellung eines Organträgers einnimmt oder
6. auf die Körperschaft Wirtschaftsgüter unter dem gemeinen Wert übertragen werden.

Anmerkung:
Eine schädliche Veränderung des "Geschäftsbetriebs" nach Ziff. 2 und 3 ist in der Praxis nur schwer abzugrenzen, führt aber gegebenenfalls zum vollständigen Wegfall des Verlustvortrags.

In Zweifelsfällen kann daher ein anteiliger Untergang des Ver- lustvortrags im Rahmen des bisherigen § 8c KStG günstiger sein.
BMF-Entwurf: Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustver- rechnung bei Körperschaften (DB 2016 Nr. 36 M11)

Verlustrücktrag trotz  schädlichen Beteiligungserwerbs?

Werden bei einer Kapitalgesellschaft innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25% (aber nicht mehr als 50%) des gezeichneten Kapitals auf einen Erwerber übertragen, sind insoweit die bis zum Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste steuerlich nicht mehr abziehbar (§ 8c Abs. 1 Satz 1 KStG).

Die Finanzverwaltung vertritt die Ansicht, dass infolge der Anteilsübertragung der Verlust auch nur anteilig zurückgetragen werden kann (BMF-Schreiben vom 4.7.2008, BStBl. Teil I 2008, S. 736, Rz. 30).

Nach Auffassung eines Finanzgerichts beschränkt jedoch die gesetzliche Regelung die Möglichkeit eines Verlustrücktrags nicht. Das Gericht ließ deshalb den Verlustrücktrag in vollem Umfang zu.

Hinweis:
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage wurde die Revision zum BFH zugelassen; betroffene Steuerbescheide können daher offen gehalten werden.
FG Münster, Urteil vom 21.7.2016 9 K 2794/15 K, F; Az. BFH: I R 61/16 (Pressemitteilung vom 2.9.2016)

Ortsübliche Miete bei verbilligter Überlassung von Wohnraum
Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 66% der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil  aufzuteilen.

Wird vorstehender Schwellenwert nicht erreicht, sind die tatsächlichen Einnahmen anzusetzen, die Werbungskosten aber nur in der entsprechenden prozentualen Höhe abzugsfähig.

Gestritten wurde in einem vor Gericht anhängigen Verfahren über die Ermittlung der ortsüblichen Miete.

Hierzu hat der Bundesfinanzhof entschieden:
"Unter ortsüblicher Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ist die ortsübliche Bruttomiete – d.h. die Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten – zu verstehen."

Das Finanzgericht hatte hingegen die relative Vergleichsmiete auf Basis der Kaltmiete ermittelt.

Die Auffassung des Bundesfinanzhofs – "Vergleich tatsächliche Bruttomiete/ortsübliche Bruttomiete" – ist für Steuerpflichtige günstiger als der "Vergleich tatsächliche Kaltmiete/ortsübliche Kaltmiete."
BFH-Urteil vom 10.5.2016 – IX R 44/15 (DStR 2016 S. 2092)

Leasingsonderzahlung bei Einnahmen-Überschuss-Rechnung Nutzungsänderung  in Folgejahren
Leasingsonderzahlungen zum Vertragsbeginn sind bei entsprechender betrieblicher Nutzung und Gewinnermittlung im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung im Jahr der Zahlung voll als Betriebsausgabe abzugsfähig.

Dies gilt nach § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG nur dann nicht, wenn der Vorauszahlungszeitraum mehr als 5 Jahre umfasst.

Insbesondere bei Kraftfahrzeugen können sich im  Zeitablauf Nutzungsänderungen ergeben.

Dies führt nach Auffassung der Finanzverwaltung zu rückwirkenden Korrekturen.
Beispiel:
Kfz-Leasingvertrag 12/2013 – Laufzeit 4 Jahre – Sonderzahlung 35 T€, betriebliche Fahrzeugnutzung mehr als 50%.

Ab Januar 2016 – betriebliche Kfz-Nutzung nur noch unter 10% (Kein Betriebsausgabenabzug bei einer betrieblichen Nutzung unter 10%).

Ergebnis:
Der Betriebsausgabenabzug in Höhe von 35 T€ im Jahre 2013 wird rückwirkend um 23/48 (ab 1/2016), d.h. um 16.770 € gekürzt.
OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinformation ESt Nr. 17/2016 vom 1.9.2016 (DB 2016 S. 2085)

Steuerliche Behandlung der Bonusleistungen einer gesetzlichen Krankenkasse

Bonusleistungen (Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten nach § 65a SGB V) der Krankenkasse in Form der Übernahme eines Anteils der Kosten für bestimmte (vorsorgende)  Gesundheitsmaßnahmen stellen keine Erstattung der an die Versicherungsgesellschaft gezahlten Krankenversicherungsbeiträge dar und mindern daher nicht den Sonderausgabenabzug des Steuerpflichtigen.

Die Finanzverwaltung hat dies bisher anders beurteilt (BMF-Schreiben vom 19.8.2013 - BStBl 2013 Teil I S. 1087, Tz 72).

Der Ansatz im Rahmen der Sonderausgaben bei Steuerbescheiden muss überprüft werden, da sich die Kassen bisher vermutlich bei ihren elektronischen Übermittlungen an die Vorgaben der Finanzverwaltung gehalten haben.
BFH-Urteil vom 1.6.2016 – X R 17/15 (DStR 2016 S. 2156)

Umsatzsteuer
Umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen nach der Richtlinie des Rates der Europäischen Union

Die vorgenannte Richtlinie wurde am 27.6.2016 verabschiedet.

Danach wird zwischen "Einzweck-Gutscheinen" und "Mehrzweck-Gutscheinen"  unterschieden.

Ist im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheines bereits bekannt, an welchem Ort und mit welchem Steuersatz die im Gutschein verbriefte Leistung zu besteuern ist, entsteht die Umsatzsteuer bereits im Zeitpunkt der Ausgabe des "Einzweck-Gutscheins."

In anderen Fällen entsteht die Umsatzsteuer erst bei Einlö- sung  des "Mehrzweck-Gutscheins."

Die Vorgabe bedarf noch der Umsetzung ins deutsche Umsatzsteuergesetz, findet aber Anwendung auf alle nach dem 31.12.2018 ausgestellten Gutscheine.

Anmerkung:
Bisher sind Wertgutscheine, die für den Bezug mehrerer, nicht bestimmter Lieferungen oder Dienstleistungen eingesetzt werden können, bei Ausgabe nicht steuerbar; erst die Einlösung des Gutscheins löst die Umsatzbesteuerung aus und führt je nach Art der Lieferung/Leistung zur Besteuerung mit dem vollen oder ermäßigten Steuersatz.

In der Praxis seltene Warengutscheine, die (nur) zum Bezug einer bestimmten Ware oder Dienstleistung berechtigen, werden mit einer Anzahlung gleichgesetzt und unterliegen der Mindest-Ist-Besteuerung.
EU-Richtlinie 2016/1065 vom 27.6.2016 (NWB 2016 Eilnachrichten S. 2705)



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