Mandanten-Rundschreiben 12/2019 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

19.11. 2019



Allgemeines
Geplantes Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht

Nach dem Entwurf sind u.a. folgende Regelungen geplant:
"Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden" (§ 35c EStG neu)

Energetische Maßnahmen sind z.B.
- Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen, Geschossdecken,
- Erneuerung der Fenster,  Außentüren, Lüftungs-/Heizungsanlage,
- Einbau digitaler Systeme zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung,
- Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind.

Die Steuerermäßigung gilt für Baumaßnahmen, mit deren Durchführung nach dem 31.12.2019 begonnen wird und die vor dem 1.1.2030 abgeschlossen sind; sie  beträgt
- im 1. Jahr (Abschlussjahr) 7% der Aufwendungen, maximal 14 T€
- im 2. Jahr    7% der Aufwendungen, maximal 14 T€
- im 3. Jahr    6% der Aufwendungen, maximal 12 T€

Voraussetzungen für die Steuerermäßigung sind, dass das begünstigte Objekt bei der Durchführung der Maßnahme älter als zehn Jahre ist, eine ordnungsgemäße Rechnung und die Be- gleichung derer über Bank.

Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 EStG)
Die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung  und erster Tätigkeitsstätte soll für die Veranlagungszeiträume 2021- 2026 gesplittet werden auf 0,30€ (wie bisher) für jeden vollen Kilometer der ersten 20 km Entfernung und 0,35€ (neu) für jeden weiteren vollen Kilometer.

Umsatzsteuersatz (§ 12 Abs. 2 UStG)
Es ist vorgesehen, dass die Personenbeförderung im inländischen Schienenbahnverkehr – unabhängig von der Entfernung – immer dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.
Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzpro- gramms 2030 im Steuerrecht

Buchführung und Aufzeichnungen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme
Ab dem 1.1.2020 gelten verschärfte Regelungen bei der Nutzung elektronischer Kassen (vgl. 8/2019).

Die Neuregelung zum Schutz vor Manipulationen dient dem Zweck, Kassenbuchungen zu sichern und damit eine verlässliche Grundlage für eine gleichmäßige Besteuerung zu schaffen. Sie betrifft alle Betriebe, die ihre Bargeldeinnahmen mittels einer elektronischen Registrierkasse aufzeichnen.

Bisher schon war bezweifelt worden, ob die zeitlichen Vorgaben eingehalten werden können.

Mit einem Beschluss auf Bund-Länder-Ebene hat sich die Finanzverwaltung nun auf eine zeitlich befristete Nichtbeanstandungsregelung bis 30.9.2020 verständigt.

Kassen müssen damit erst ab dem 1.10.2020 mittels einer sogenannten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) vor Manipulationen geschützt sein.
Bay. Finanzministerium (Pressemitteilung Nr. 239 vom 25.9.2019)

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Richtsatzschätzung bei fehlerhafter elektronischer Registrierkasse
Eine nicht ordnungsmäßige Kassenführung kann erhebliche Auswirkungen in Gestalt von Schätzungen haben (vgl. hierzu auch vorstehenden Artikel "Buchführung und Aufzeichnungen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme").

Dies hat der BFH in einem Urteil zu einem Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision bestätigt.
"1. Werden Bareinnahmen mit einer elektronischen Registrierkasse erfasst, erfordert dies auch im Fall der Gewinnermittlung durch Einnahmen–Überschuss-Rechnung die tägliche Erstellung eines Z-Bons.

2. Weisen die Z-Bons technisch bedingt keine Stornierungen aus, liegt ein schwerer formeller Fehler der Kassenaufzeichnungen vor, der die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nötig macht."

In dem Urteil und der Begründung wird außerdem ausgeführt, dass die Richtsatzschätzung eine anerkannte Schätzungsmethode ist und der Steuerpflichtige grundsätzlich keinen Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode hat.
BFH-Urteil vom 8.8.2019 – X B 117/18 (DStZ 2019 S.722)

Unterlassene Einlage nicht erfolgswirksam nachholbar

Zu den gewerblichen Einkünften des Gesellschafters einer Personengesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gehören auch alle Einnahmen und Betriebsausgaben, die ihre Veranlassung in der Beteiligung des Steuerpflichtigen an der gewerblich tätigen Personengesellschaft haben. Diese sind bei ihm als Sonderbetriebseinnahmen oder Sonderbetriebsausgaben zu erfassen.

Im Streitfall hatte der Gesellschafter einer Personengesellschaft von ihm privat bezahlte Sonderbetriebsausgaben versehentlich nicht geltend gemacht und die einheitliche Feststellung des betreffenden Jahres für die Personengesellschaft war bestandskräftig veranlagt.

Das Finanzamt hat die nachträgliche Geltendmachung der Sonderbetriebsausgaben abgelehnt und bekam sowohl beim Finanzgericht als auch letztlich beim Bundesfinanzhof Recht.

"Werden Sonderbetriebsausgaben, die aus privaten Mitteln bestritten worden sind, im Jahr der Entstehung des Aufwands nicht berücksichtigt, kommt eine erfolgswirksame Nachholung in einem Folgejahr nach den Grundsätzen des formellen Bilanzzusammenhangs nicht in Betracht."

Anmerkung:
Bei Mitunternehmerschaften (Personengesellschaften) werden nicht selten betriebliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung von einzelnen Gesellschaftern "privat" bezahlt.
Diese Betriebsausgaben müssen einem steuerlichen Berater gegebenenfalls rechtzeitig mitgeteilt werden, um die negativen Folgen des Urteils zu vermeiden.
BFH-Urteil vom 17.6.2019 – IV R 19/16 (BB 2019 S. 2354)

Grundstücksenteignung kein privates Veräußerungsgeschäft

Nach § § 22 i.V. mit 23 EStG sind bei Grundstücken sog. Spekulationsgewinne (Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre) als privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig.

Das Gericht verneinte die Frage, ob auf eine Grundstücksenteignung diese Vorschrift anzuwenden ist.

"Eine Anschaffung bzw. Veräußerung iSd § 23 EStG liegt nicht vor, wenn der Verlust des Eigentums am Grundstück ohne maßgeblichen Einfluss des Steuerpflichtigen stattfindet. Ein Entzug des Eigentums durch Sonderungsbescheid nach dem Bodensonderungsgesetz ist danach keine Veräußerung iSd § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG."

Nach der Urteilsbegründung müssen Anschaffung und Veräußerung wesentlich vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen und Ausdruck einer wirtschaftlichen Betätigung sein.
BFH-Urteil vom 23.7.2019 – IX R 28/18 (DStR 2019 S. 2023)

Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als notwendiges Betriebsvermögen  eines Einzelgewerbetreibenden
"1. Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie entweder dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten.

2. Eine Förderung in der ersten Alternative erfordert, dass der Steuerpflichtige seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Wohle seines Einzelgewerbebetriebs einsetzt. Dies ist regelmäßig dann gegeben, wenn zwischen Kapitalgesellschaft und dem Einzelgewerbetrieb eine intensive und nachhaltige Geschäftsbeziehung besteht, die sich für den Einzelgewerbebetrieb als erheblich vorteilhaft erweist und dieser Vorteil seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen einer derartigen Geschäftsbeziehung wird die Kapitalbeteiligung erst recht zum Zwecke der Förderung des Einzelgewerbebetriebs eingesetzt, wenn diesem hierdurch fremdunübliche Vorteile verschafft werden."

Im Streitfall hat der "Einzel-Gewerbetreibende" die Aktivierung der GmbH–Beteiligung auf Grund einer Betriebsprüfung nachvollzogen.

Diese Zuordnung setzt weder eine rechtliche noch faktische Beherrschung der Kapitalgesellschaft voraus.

Jahre später hat er die Beteiligung an der GmbH unentgeltlich auf seine Frau und Kinder übertragen.

Dies hatte zur Folge, dass die unentgeltliche Anteilsübertragung zur Entnahme zum Teilwert aus dem Betriebsvermögen und damit zur Gewinnrealisierung der stillen Reserven führte. Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligung nach der Überführung ins Privatvermögen nach § 17 EStG steuerverhaftet bleibt.
BFH-Urteil vom 12.6.2019 – X R 38/17 (GmbHR 2019 S. 1126)

Gewerbesteuer
Keine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags bei Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen

Bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, wird wegen der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags keine Gewerbesteuer erhoben (§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG). Dabei ist der Begriff des Grundbesitzes im bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen.

Mit dieser Regelung soll die Doppelbelastung von Grundbesitz mit Realsteuern – Grundsteuer und Gewerbesteuer – vermieden werden. Bei anderen Erträgen, die nicht auf die Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz zurückzuführen sind, ist eine derartige Doppelbelastung nicht zu befürchten.

Hierzu hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil entschieden, dass die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags ausscheidet, "wenn eine grundbesitzverwaltende GmbH neben einem Hotelgebäude auch Ausstattungsgegenstände (Bierkellerkühlanlage, Kühlräume, Kühlmöbel für Theken und Büfettanlagen) mitvermietet, die als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sind."

Anmerkungen:
Der steuerliche Nachteil aus einem diesbezüglichen "Verstoß" ist bei Kapitalgesellschaften erheblich, weil in diesem Fall eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer fehlt. Eine alternative Sachverhaltsgestaltung (z.B. Aufteilung der Vermietung des Grundbesitzes und der Betriebsvorrichtungen auf zwei Gesellschaften) kann nachteilige Konsequenzen vermeiden.
BFH-Urteil vom 11.4.2019 – III R 36/15 (DStR 2019 S. 1859)

Lohnsteuer
Aufmerksamkeiten, die nicht zu Arbeitslohn führen

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören – neben Gehältern und Löhnen – auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung gewährt werden. Zum Arbeitslohn zählen auch Sachbezüge, z.B. bei unentgeltlicher oder verbilligter Abgabe von Speisen und Getränken ("Kost") an Arbeitnehmer.

In einem Streitfall ging es um die Frage, ob ein steuerpflichtiger Sachbezug oder eine nicht steuerbare Aufmerksamkeit vorlag. Dies hat der BFH wie folgt entschieden.

"Stellt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot nebst Heißgetränken zum sofortigen Verzehr im Betrieb bereit, handelt es sich bei den zugewandten Vorteilen grundsätzlich nicht um Arbeitslohn, sondern um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten."

Nach Meinung des Gerichts stellen unbelegte Backwaren mit einem Heißgetränk kein als Arbeitslohn zu bewertendes Frühstück im Sinne der Sozialversicherungsentgeltverordnung dar. Für die Annahme eines solchen muss nach der Verkehrsanschauung jedenfalls ein Aufstrich oder Belag hinzutreten.

In der Urteilsbegründung weist das Gericht darauf hin, dass die Backwaren mit Getränken allen Arbeitnehmern zum sofortigen Verzehr gewährt wurden, der Verzehr regelmäßig während der (bezahlten) Arbeitszeit stattfand und die Pause dem betrieblichen Gedan- kenaustausch untereinander sowie mit der "Führungsetage" diente.
BFH-Urteil vom 3.7.2019 – VI R 36/17 (DB 2018 S. 2104)



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