Mandanten-Rundschreiben 12/2021 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

12.11. 2021



Allgemeines
Verjährung zum Jahresende

a) Verjährungsfrist
Die regelmäßige Verjährungsfrist von Ansprüchen beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB). Ausnahmen Rechte an Grundstücken verjähren in 10 Jahren (§ 196 BGB).

Hierzu gehören Ansprüche auf Eigentumsübertragung, auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück bzw. auf Änderungen des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung.

Nach § 197 BGB verjähren in 30 Jahren Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten sowie titulierte Ansprüche, die rechtskräftig festgestellt und vollstreckbar sind.

Unterschiedlichen Verjährungsfristen unterliegen Schadenersatzansprüche (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB). Mängelansprüche des Käufers verjähren nach § 438 BGB bei Kaufverträgen grundsätzlich in zwei Jahren, bei Bauwerken und Baumaterialien verlängert sich die Frist auf fünf und bei einem dinglichen Recht auf dreißig Jahre.

b) Beginn der Frist
Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 BGB). Die Frist von Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen (vgl. Buchstabe a), beginnt grundsätzlich bereits mit Entstehen des Anspruchs (§ 200 BGB).

c) Hemmung, Ablaufhemmung und Neubeginn (§§ 203-213 BGB)
Bei der Hemmung wird der "gehemmte" Zeitraum nicht eingerechnet, die Ablaufhemmung schiebt das Ende der Frist hinaus und beim Neubeginn beginnt die Verjährungsfrist in voller Länge neu zu laufen.

Praktisch bedeutsam ist insbesondere die Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen (§ 203 BGB) und die Hemmung durch Rechtsverfolgung (§ 204 BGB).

Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger hemmen die Verjährung, bis einer davon die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Um den Gläubiger vor einem überraschenden Ende der Verhandlungen zu schützen, tritt die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

Die Verjährung wird auch durch Rechtsverfolgung gehemmt. Das Gesetz enthält in § 204 BGB hierzu 14 Rechtsverfolgungsmaßnahmen. Erwähnt hiervon seien hier nur die Erhebung der Klage und die Zustellung des Mahnbescheides im Mahnverfahren.

Der Neubeginn der Verjährung (§ 212 BGB) tritt insbesondere bei Anerkennung des Anspruchs durch den Schuldner ein. Dies kann geschehen durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise.

d) Wirkung der Verjährung
Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern (§ 214 BGB). Hat er dennoch geleistet, ist eine Rückforderung ausgeschlossen, selbst dann, wenn er in Unkenntnis der Verjährung geleistet hat. Da die Forderung nach Eintritt der Verjährung weiterbesteht, kann der Gläubiger mit ihr aufrechnen, wenn der Anspruch im Zeitpunkt der erstmals möglichen Aufrechnung noch nicht verjährt war.

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Sogenannte "Sprinterklausel" bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses

Die einvernehmliche Auflösung eines Arbeitsverhältnisses erfolgt regelmäßig auch im Interesse des Arbeitgebers. Eine dafür gezahlte Abfindung ist in der Regel als Entschädigung ermäßigt zu besteuern (§ 34 EStG).

Strittig ist die steuerliche Behandlung, wenn dem Arbeitgeber arbeitsvertraglich das Recht eingeräumt wird, gegen einen weiteren Abfindungsbetrag das Arbeitsverhältnis vor dem eigentlich vereinbarten Beendigungszeitpunkt (sog. Sprinterklausel) zu beenden.

Nach Ansicht eines Finanzgerichts unterliegt auch der aufgrund einer solchen Klausel zusätzlich bezahlte Abfindungsbetrag der ermäßigten Besteuerung.

In einem solchen Fall müsse die Kündigung durch den Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses insgesamt gesehen werden, denn auch der weitere Abfindungsbetrag findet seinen Rechtsgrund in der Aufhebungsvereinbarung und kann nicht getrennt betrachtet werden.

Trotz Zulassung der Revision wurde das Urteil rechtskräftig.
Anmerkung: Dieses Urteil steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des niedersächsischen Finanzgerichts (FG Niedersachsen, Urteil vom 8.2.2018 – 1 K 279/17, EFG 2018 S. 644).
FG Hessen, Gerichtsbescheid vom 31.05.2021 – 10 K 1597/20 (Pressemitteilung Hessisches Finanzgericht vom 27.7.2021)

Steuerliche Behandlung von Reisekosten ab 1. Januar 2022
Pandemiebedingt werden die Auslandstage-und Auslandsübernachtungsgelder nach dem Bundesreisekostengesetz nicht neu festgesetzt zum 1. Januar 2022.

Die steuerlichen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand und Übernachtungskosten bei betrieblich und beruflich veranlassten Auslandsreisen ab 1. Januar 2021 bleiben unverändert und sind auch für das Kalenderjahr 2022 anzuwenden.
Bundesministerium der Finanzen, Mitteilung vom 27.9.2021

Insolvenzbedingter Ausfall einer privaten Darlehensforderung als Verlust
Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung des Ausfalls von privaten Darlehensforderungen weiterentwickelt.

Für verzinsliche Kapitalforderungen im Privatvermögen wird widerlegbar vermutet, dass Einkünfteerzielungsabsicht besteht, so dass Verluste aus der Veräußerung einer Forderung negative Einkünfte sind. Bei verzinslichen Kapitalforderungen kann diese Vermutung regelmäßig nur dann widerlegt werden, wenn bereits bei Gewährung des Darlehens nicht mit einer Rückzahlung gerechnet werden kann.

Bisher hatte der BFH entschieden, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners in der Regel nicht ausreicht, um den Verlust geltend zu machen (vgl. 3/2018).

Die jetzt ergangene Entscheidung ist daher bedeutsam für die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Verlustrealisierung eintritt. "Von einem endgültigen Ausfall einer privaten Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist jedenfalls dann auszugehen, wenn über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 S. 1 InsO angezeigt hat."
BFH-Urteil vom 1.7.2021-VIII-R-28/18 (DStR 2021 S. 2338)

Pensionsrückstellung für wertpapiergebundene Pensionszusagen
Gestritten wird über die Zulässigkeit und Höhe einer Pensionsrückstellung, bei der die Höhe der Pension betragsmäßig nicht bestimmt ist, sondern von den Leistungen einer Rückdeckungslebensversicherung abhängt. In diese hat der Arbeitgeber einen Einmalbetrag und freiwillig zusätzlich laufende Beträge einbezahlt.

Die Mitarbeiter haben Anspruch auf eine Alters-und Hinterbliebenenrente, deren Höhe sich nach dem Fondswert bei Eintritt des Versorgungsfalls richtet. Eine Mindestrente wird nicht garantiert.

Den begünstigten Arbeitnehmern steht es frei, durch freiwillige Gehaltsumwandlungen ebenfalls zur Höhe der Rückdeckungsversicherung beizutragen.

Im Streitfall verneinte das Finanzamt die Möglichkeit einer Rückstellungsbildung, das Finanzgericht sah dies anders. Für den Ansatz einer Pensionsrückstellung "ist nicht erforderlich, dass der aus der Versorgungszusage folgende Rechtsanspruch ein solcher sein muss, der bereits im Zeitpunkt der Zusage eine bestimmte (Mindest-) Versorgung garantiert.

Die Bildung einer Pensionsrückstellung dem Grunde nach ist auch bei Versorgungszusagen möglich, die unter einer aufschiebenden Bedingung (hier: der spätere Wert von Fondsanteilen oder einer Rückdeckungslebensversicherung) erteilt werden."

Risiken für Arbeitgeber aus solchen Zusagen bestehen nach diesem Urteil dann nicht, Rückdeckungsversicherungsanspruch und Pensionsverpflichtung gleichen sich aus.
Die zugelassene Revision wurde eingelegt, das Urteil des Bundesfinanzhofs bleibt abzuwarten.
FG Münster, Urteil vom 18.03.2021 – 10 K 4131/15 K,G,F Revision eingelegt, Az. BFH: I R 25/21 (EFG 2021 S. 1460)

Umsatzsteuer
EuGH-Vorlage zur Umsatzsteuerpflicht bei Betriebsvorrichtungen
Im zu beurteilenden Sachverhalt ging es um die Frage, ob die Überlassung von Betriebsvorrichtungen im Zusammenhang mit der steuerfreien Verpachtung von Gebäuden umsatzsteuerpflichtig ist, d.h. ob ein strenges Aufteilungsgebot gilt.

Hierzu entschied ein Finanzgericht: "Die Verpachtung einer Betriebsvorrichtung ist nicht nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG umsatzsteuerpflichtig, wenn die Betriebsvorrichtung zusammen mit der Verpachtung des Grundstücks eine einheitliche Leistung bildet, für den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Immobilie zwingend erforderlich ist und die Immobilie erst betriebs-und benutzungsfähig macht."

Gegen dieses Urteil wurde wegen gegenläufiger Auffassung der Finanzverwaltung Revision eingelegt. Der Bundesfinanzhof hat jetzt zu diesem Sachverhalt dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
"Erfasst die Steuerpflicht der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen
– nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen
oder auch
– die Vermietung (Verpachtung) derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die aufgrund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) steuerfrei ist?
Niedersächsisches FG, Urteil vom 11.6.2020 – 11 K 24/19 Revision eingelegt, AZ. BFH: V R 22/20 (EFG 2020 S. 1725) BFH, EuGH-Vorlage vom 26.5.2021 – V R 22/20 (BB 2021 S. 2144)

Freizeitpark – Jahrmarkt
Umsatzsteuersatz

Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller unterliegen nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG nur dem ermäßigten Steuersatz von 7%. Begünstigt sind tätigkeits-und nicht personenbezogene Leistungen, die voraussetzen, dass der jeweilige Umsatz auf einer ambulanten, d.h. ortsungebunden ausgeführten schaustellerischen Leistung beruht (z.B. Jahrmärkte).

Andererseits aber unterliegt das Recht auf Zugang zu ortsgebundenen Freizeitparks nach § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG dem vollen Steuersatz. Nach einem Urteil des EuGH zum Vorlagebeschluss des FG Köln (FG Köln vom 25.8.2020 -8 K 1092/17, EFG 2020, S.1638) können die Leistungen ortsungebundener Schausteller einerseits und ortsgebundener Schausteller in Freizeitparks andererseits grundsätzlich unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen unterliegen.

Dies ist aber unter dem Gesichtspunkt der steuerlichen Neutralität nur dann zulässig, wenn es sich nicht um gleichartige Schaustellerleistungen handelt, die miteinander in Wettbewerb stehen.

Dem Finanzgericht verbleibt nun die Prüfung vorbehalten, ob sich die Leistungen im Freizeitpark so von denen ortsungebundener Schausteller unterscheiden, dass die Versagung des ermäßigten Steuersatzes gerechtfertigt ist.
Entsprechende Fälle müssen offengehalten werden.
EuGH-Urteil vom 9.9.2021 – C – 406/20 (kösdi 2021 S. 22437)



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