Mandanten-Rundschreiben 8/2015 / Steuertermine / Gesetzesänderungen

01.08. 2015



Allgemeines
Basis-/Verzugszinssatz

Der Basiszinssatz nach § 247 BGB - z.B. als Bezugsgröße für die Berechnung von Verzugszinsen - wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli neu festgesetzt.

Dieser - weiterhin negative - Basiszinssatz bleibt ab 1. Juli 2015 unverändert bei - 0,83% (bisher - 0,83%).

Der Verzugszinssatz beträgt damit für
- Verbrauchergeschäfte    4,17% (bisher 4,17%)
(5%-Punkte über Basiszinssatz - § 288 Abs.1 Satz 2 BGB)

- Handelsgeschäfte    8,17% (bisher 8,17%)
(9%-Punkte* über Basiszinssatz - § 288 Abs. 2 BGB)
*Hinweis: Bis zum 28.7.2014 entstandene Forderungen 8%-Punkte

Steuerliche Außenprüfung Einordnung in Größenklassen

Nach § 3 der Betriebsprüfungsordnung (BpO 2000) werden der Betriebsprüfung unterliegende Steuerpflichtige in die  Größenklassen "Großbetriebe, Mittelbetriebe, Kleinbetriebe und Kleinstbetriebe" eingeteilt. Die Einteilung hat Auswirkung auf den Prüfungsumfang. Die Größenmerkmale und die Abgrenzungsmerkmale für die wesentlichen Betriebsarten sind in der Tabelle dargestellt.

Zeitlicher Umfang der Prüfung
Die Finanzbehörden bestimmen den Umfang der Prüfung nach § 4 BpO nach pflichtgemäßem Ermessen.

Bei Großbetrieben soll der Prüfungszeitraum an den vorhergehenden Prüfungszeitraum anschließen, d.h. es soll eine lückenlose Prüfung erfolgen.

Bei anderen Prüfungen soll der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume erfassen. Als Gründe für eine Erweiterung des Prüfungszeitraums kommen nicht unerhebliche Änderungen der Besteuerungsgrundlagen oder der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit in Betracht.



Mieterhöhung - Anpassung an ortsübliche Miete Mietspiegel
Für eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 BGB gelten u.a. folgende Vorgaben:
Mit einer Frist von 3 Monaten darf der Vermieter die Miete frühestens ein Jahr nach Einzug bzw. ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung erhöhen.

Die Mieterhöhung darf innerhalb von 3 Jahren nicht mehr als 20% betragen.

Der Vermieter darf die Miete nur in Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete erhöhen.

Letzteres wurde bisher in aller Regel durch den Verweis auf einen vorhandenen, qualifizierten Mietspiegel erfüllt.

Ein Amtsgericht hat hierzu aktuell aber in einem Streitfall dem Mietpreiserhöhungsverlangen auf der Basis eines Sachverständigengutachtens stattgegeben und gegen den Berliner Mietspiegel entschieden.

Bei dem Berliner Mietspiegel 2013 handelt es sich nicht um einen qualifizierten Mietspiegel i.S. des § 558d BGB, da dieser nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist, urteilte das Gericht.

Anmerkung:
Wenn dieses Urteil Bestand hat, hätte dies neben den möglichen Auswirkungen auf Mietspiegel in anderen Städten, auch Auswirkungen auf das neue Mietrechtsnovellierungsgesetz. Dieses Gesetz ermöglicht den Bundesländern künftig, bestimmte Gebiete zu angespannten Wohnungsmärkten zu erklären und dort die Mieten zu deckeln. In diesen noch festzulegenden Gebieten darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses nicht mehr als 10% über der ortsüblichen Miete liegen. Auch hier wird zur Vergleichsmiete auf die ortsüblichen Mietspiegel verwiesen.
Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 11.05.2015 – 235 C 133/13

Einkommensteuer – Körperschaftsteuer
Steuerneutrale  Realteilung bei fortbestehender Personengesellschaft?

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung kann eine steuerneutrale Realteilung nur dann vorliegen, wenn die Personengesellschaft ihre Tätigkeit vollständig einstellt und ihr Vermögen vollständig auf die Gesellschafter aufgeteilt wird.

Dem hat jetzt ein Finanzgericht in einem nicht rechtskräftigen Urteil widersprochen.

Hiernach ist eine steuerneutrale Realteilung auch dann gegeben, wenn der ausscheidende Gesellschafter einen Teilbetrieb übernimmt und fortführt und die Personengesellschaft von den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt wird.

Die steuerneutrale Buchwertfortführung ist allerdings nur dann möglich, wenn die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.

Bisher scheiterte die Buchwertfortführung daran, dass bei Sachgesamtheiten (Teilbetrieben) auch Schulden übernommen werden, was die Entgeltlichkeit des Geschäfts zur Folge hatte.

Hinweis:
Gegen das Urteil ist die Revision zugelassen worden. Bei bisher nur geplanten diesbezüglichen Vorhaben sollte vorsorglich das Urteil des Bundesfinanzhofs abgewartet werden.
FG Münster, Urteil vom 29.1.2015 – 12 K 3033/14 F (BB 2015 S. 816)

Gesonderte Feststellung eines  verbleibenden Verlustvortrags
"Ein verbleibender Verlustvortrag ist auch dann erstmals gemäß § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festzustellen, wenn ein Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr erlassen werden kann."

Im entschiedenen Fall wurden nachträglich Kosten des Steuerpflichtigen für seine berufliche Erstausbildung geltend ge macht.

Es bleibt darauf hinzuweisen, dass das Urteil nur dann Anwendung finden kann, wenn ein Einkommensteuerbescheid gar nicht ergangen ist, nicht aber, wenn eine - nicht mehr änderbare - Veranlagung mit einer Steuer von „Null €“ vorliegt.

Hinweis:
Nach der Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzentwurf "Zollkodex" (BR-Drucksache 121/15 Seite 12) soll wegen dieses Urteils das Einkommensteuergesetz in § 10d Abs. 4 EStG geändert werden. Ein Verlustfeststellungsbescheid erfordert dann (wieder) eine entsprechende Steuerfestsetzung.
BFH-Urteil vom 13.1.2015 – IX R 22/14 (BB 2015 S. 1382)

Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen
Änderung der Rechtsprechung

Entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung entschied der Bundesfinanzhof, dass erhaltene Anzahlungen für einzelne Leistungsphasen nach der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) endgültig verdient sind. Jede Leis- tungsphase der HOAI sei eine für sich abgeschlossene Leistung.

"Die Gewinnrealisierung tritt bei Planungsleistungen eines In- genieurs nicht erst mit der Abnahme oder Stellung der Honorarrechnung ein, sondern bereits dann, wenn der Anspruch auf Abschlagszahlung nach § 8 Abs. 2 HOAI (Anm.: neu § 15 Abs. 2 HOAI) entstanden ist."


Abschlagszahlungen können nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zu den schriftlich vereinbarten Zeitpunkten oder in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Grundleistungen gefordert werden.

Bei bilanzierenden Architekten und Ingenieuren ist damit  die Bilanzierung teilfertiger Arbeiten für einzelne abgeschlossene Leistungsphasen nicht mehr möglich.

Bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung kommt dem Urteil keine Bedeutung zu.

Werkverträge
Die Finanzverwaltung will das Urteil auch auf Abschlagszahlungen nach § 632a BGB anwenden, d.h. auf Werkverträge.

Damit sind alle bilanzierenden Unternehmen betroffen, die im Rahmen von Werkverträgen Abschlagszahlungen in Rechnung stellen. Die Gewinnrealisierung wird in diesen Fällen steuerlich tendenziell früher eintreten.

Handelsrechtlich wird bei Werkverträgen der Gewinn erst in dem Zeitpunkt realisiert, in dem das Werk an den Auftraggeber abgeliefert und abgenommen ist.

Es kommt damit zukünftig gegebenenfalls zu einer Abweichung von Handels- und Steuerbilanz und damit verbunden zu aktiven latenten Steuern.

Anwendung/Übergangsregelung:
Die Entscheidung ist erstmals im Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 23.12.2014 beginnt, i.d.R. daher ab dem Wirtschaftsjahr 2015.

Darüber hinaus kann der durch die Entscheidung im Wirtschaftsjahr 2015 erstmals entstehende Gewinn zur Vermeidung von Härten gleichmäßig auf zwei Jahre (2015 und 2016) oder aber auf drei Jahre (2015, 2016 und 2017) verteilt werden.
BFH-Urteil vom 14.05.2014 – VIII R 25/11 (BStBl 2014 Teil II S. 968) BMF-Schreiben vom 13.5.2015 – IV C 6 – S 2130/15/10001 (DStR 2015 S. 1175)

Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren
Zweijährige Gültigkeit von Freibeträgen

Ab 1.10.2015 können Arbeitnehmer den Antrag auf Bildung eines Freibetrags nach § 39a EStG für einen Zeitraum von längstens zwei Kalenderjahren (bislang ein Kalenderjahr) mit Wirkung ab 1.1.2016 bei ihrem Wohnsitzfinanzamt stellen.

Der Arbeitnehmer kann eine Änderung des Freibetrags innerhalb dieses Zeitraums beantragen, wenn sich die Verhältnisse zu seinen Gunsten ändern. Ändern sich die Verhältnisse zu seinen Ungunsten, ist er verpflichtet, dies dem Finanzamt umgehend mitzuteilen.
BMF-Schreiben vom 21.5.2015 – IV C 5 – S 2365/15/10001 (DStR 2015 S. 1312)

Grunderwerbsteuer bei  freiwilliger Baulandumlegung
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die unterschiedliche grunderwerbsteuerliche Behandlung von amtlicher und freiwilliger Baulandumlegung verfassungskonform ist.

Der Übergang von Grundeigentum anlässlich einer amtlichen Baulandumlegung bleibt frei von Grunderwerbsteuer, eine freiwillige Baulandumlegung hingegen löst Grunderwerbsteuer aus.

Durch eine Baulandumlegung wird der Zuschnitt von Grundstücken neu geordnet, um eine plangerechte und zweckmäßige bauliche Nutzung zu ermöglichen.

Beide Umlegungsarten dienen diesem Ziel, so das Gericht, gleichwohl sei aber die unterschiedliche grunderwerbsteuerliche Behandlung verfassungsgemäß.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24.3.2015 – 1 BvR 2880/11 (NWB Eilnachrichten 2015 S. 1446)



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